Werner Konold, Wolfgang Werner, R. Johanna Regnath (Hrsg.). (Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts Freiburg i. Br. Nr. 89). Thorbecke Verlag Ostfildern 2022. 352 Seiten, 173 Abbildungen. Hardcover 34 €. ISBN 978-3-7995-1589-4
Für den März 2020 hatte das Alemannische Institut Freiburg i. Br. eine ambitionierte zweitägige Tagung zur Geschichte der Nutzung fossiler Energieträger geplant. Es erschien dem grenzüberschreitenden Universitätsinstitut reizvoll, sich in einer Zeit, in der sich die Epoche der fossilen Energieträger ihrem Ende zu nähern scheint, einem höchst aktuellen Thema seitens ihres Arbeitsgebiets, der Landeskunde, zu nähern. Als Mitveranstalter der Tagung konnte die Naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Breisgau e.V. gewonnen werden, als Kooperationspartner das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regierungsbezirk Freiburg. Leider fiel die Veranstaltung 2020 den das öffentliche Leben wegen der Corona-Pandemie lähmenden Einschränkungen zum Opfer; sie wurde zweimal abgesagt. Nicht als Ersatz, sondern als konsequente Weiterentwicklung, betonen die Herausgeber, soll die vorliegende Aufsatzsammlung dienen. In der Tat gehen die dreizehn Beiträge in dem Band weit über Niveau und Umfang eigentlicher Tagungsvorträge hinaus und dürften wohl für die Veröffentlichung teils erheblich erweitert worden sein. Es geht in dem Band um Kohle, Öl und Torf; nebst Gas also um die klassischen fossilen Energieträger. Deren Geschichte im alemannischen-schwäbischen Raum ist erstaunlich dürftig erforscht.
Zehn der dreizehn Beiträge sind eher kultur- und wirtschaftsgeschichtlich, drei weitere zu geologischen Hintergründen naturwissenschaftlich geprägt. In der Einführung umreißen die Mitherausgeber Werner Konold und Wolfgang Werner Bedeutung und Bandbreite fossiler Energieträger in Südwestdeutschland im weiteren Sinne – Stein- und Braunkohle, Schieferöl, Erdöl und Erdgas, Torf – und führen die wichtigsten Lagerstätten an.
Kenner der württembergischen Landesgeschichte haben vielleicht schon von den hartnäckigen Versuchen württembergischer Herzöge und ihrer Beamten seit dem 16. bis ins 19. Jahrhundert, aber auch der Hoffnung auf großen Gewinn bei Bürgern gehört, im Land ausbeutbare Kohlevorkommen zu finden. Alle Hoffnungen waren freilich vergebens. Ähnlich enttäuschend verliefen die Dutzende Versuche hauptsächlich im 18. und 19. Jahrhundert, mit dem Abbau von »Lettenkohle«, einer minderwertigen, schwefelkiesreichen, kohligen, meist nur wenige Dezimeter starken, vor allem in der Hohenlohe und im Schwäbischen Wald zu findenden Tonsteine-Schicht, dem katastrophalen Brennstoffmangel des Landes zu begegnen. Das einzige zu seiner Zeit wirtschaftlich relevante Steinkohlevorkommen in Baden-Württemberg lag in Baden: bei Diersburg und Berghaupten östlich von Lahr, ausgebeutet von 1753 bis 1925. Spuren des Bergbaus finden sich dort noch allenthalben. Man muss sie nur zu sehen wissen.
In Pechelbronn im nördlichen Elsass beim Schloss Le Bel zwischen Weißenburg und Hagenau, wo heute noch Asphalt und Rohöl klebrig aus dem Boden sickern, liegt sogar Europas älteste regelmäßig genutzte – und dies über Jahrhunderte seit dem Mittelalter! – Erdöllagerstätte. Die Raffinerie, die 1930 immerhin 3000 Menschen beschäftigte, wurde ab 1955 allmählich stillgelegt; ein interessantes Museum informiert heute vor Ort. Größere Beachtung räumte die geplante Tagung der Nutzung von Torf ein. Drei Beiträge widmen sich der Ausbeutung von Torfvorkommen: im Nordwesten Deutschlands, wo Torf in fast industriellem Umfang gestochen wurde, der Torfnutzung in der Schweiz von 1700 bis 1945 und dem Torf in Oberschwaben. Alle Beiträge sind reich illustriert mit Plänen und historischen Abbildungen.
Alles in allem eine instruktive Lektüre am Ende des fossilen Zeitalters; allerdings sind Teile der naturwissenschaftlichen, geologischen Aufsätze – zu den Pechelbronner Schichten, zu neuen Erkenntnissen bei der Erdölförderung im Oberrheingraben und schließlich zum süddeutschen Posidonienschiefer – nicht zuletzt auf Grund der Fachterminologie und der von den Autoren offenbar vorausgesetzten fachlichen Vorkenntnisse der Leser vielleicht nicht für jedermann leicht verständlich. Dies gilt in Teilen auch für die geologischen Abschnitte der im Band ebenfalls enthaltenen kurzen, nun allerdings nicht so ganz unbekannten Geschichte des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet.
Raimund Waibel
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