Werkverzeichnis und Katalog zur Ausstellung in der Städtischen Kunstsammlung Murrhardt, hrsg. von Carolin Wurzbacher, Stadt Murrhardt. Beiträge von Carolin Wurzbacher, Thomas F. Naegele, Ilka Voermann. Wienand Verlag Köln 2023. 358 Seiten mit ca. 500 Abb. Hardcover 64 €. ISBN 978-3-86832-749-6
Gilt die Nennung einer Persönlichkeit in der Neuen deutschen Biographie als Indiz für ihre besondere Bedeutung, so träfe das auf den Maler und Graphiker Reinhold Nägele zu, der 1884 in Murrhardt im Schwäbischen Wald geboren wurde und 1972 in Stuttgart verstorben ist. Für die zahlreichen Kenner und Sammler seiner Kunst steht sein Ruhm außer Zweifel. Gerhard Raff nannte ihn den »schwäbischsten aller schwäbischen Maler«.
Schon früh fand Nägele zu einem unverkennbaren Stil, der von Jugendstil, Neuer Sachlichkeit bis hin zum Realismus beeinflusst war. Seine Bedeutung als eine feste Größe in der schwäbischen Kunstlandschaft belegen die zahlreichen Ausstellungen zwischen 1911 und 2023, deren Aufzählung im Katalog allein sechs Seiten füllt.
Im Auftrag der Stadt Murrhardt hat die Kunsthistorikerin Carolin Wurzbacher 2023 eine Ausstellung über das grafische Werk von Reinhold Nägele kuratiert und einen Katalog mit Werkverzeichnis von Nägeles Radierungen, den Exlibris und Serigrafien (Siebdrucke) erstellt.
In dem Band kommt auch Nägeles Sohn, der 1924 geborene Thomas F. Naegele, selbst Künstler in New York, mit seinen Erinnerungen an den Vater sowie einem Interview zu Wort. Es folgt ein Gespräch mit Gudrun Scheib vom »Freundeskreis Reinhold Nägele«. Carolin Wurzbacher führt in das grafische Werk des Künstlers ein, Ilka Voermann ordnet Nägeles Radierungen in den Kontext europäischer Druckgrafik ein und nennt beispielhafte Grafiker vom Ende des 19. und aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Im Mittelpunkt des Bandes steht das von Carolin Wurzbacher erstellte Werkverzeichnis, das erstmals das grafische Werk des Künstlers in seiner Gänze umfasst: Dessen ganz überwiegenden Teil machen Nägeles Radierungen aus, die sich übrigens größtenteils in Privatbesitz befinden.
Es folgt eine tabellarische Biografie, in der wir von dem gravierenden Einschnitt der Emigration der Familie Nägele nach England (1939) und der Ankunft in New York (1940) erfahren. Nägele hatte sich geweigert, sich von seiner jüdischen Frau, der Ärztin Alice Nägele, zu trennen, der bereits 1933 die kassenärztliche Zulassung entzogen wurde. Er selbst wurde im Oktober 1937 als »jüdisch Versippter« aus der Reichskammer der Bildenden Künste ausgeschlossen, was faktisch ein Berufsverbot für ihn als Künstler bedeutete. Nach mehreren Europareisen in der Nachkriegszeit kehrte er erst 1963 endgültig in die Stadt seines künstlerischen Wirkens der Vorkriegszeit zurück. Er verstarb 1972 und wurde in Murrhardt in einem Ehrengrab bei der Walterichskirche bestattet. 1960 war ihm dort die Ehrenbürgerwürde verliehen worden, wie zuvor bereits seinem Großvater Ferdinand Nägele (1808– 1879), der 1848/49 Abgeordneter der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche sowie Landtagsabgeordneter war.
Das Werkverzeichnis stellt eine sehr verdienstvolle Arbeit und einen wichtigen Beitrag zum Schaffen von Reinhold Nägele dar, der Rezensent hätte sich lediglich noch ein Namens-, Orts- und Sachregister gewünscht.
Klaus Schreiber
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Leider hat der Wienand Verlag in Köln für den Buchhandel eine viel zu geringe Auflage herstellen lassen: die 150 Stück waren bereits am 11. Dezember 2023, gerade 12 Wochen nach Erscheinen des Bandes restlos vergriffen. Da aber die Stadt Murrhardt 400 weitere Exemplare erhalten hat, ist dieser wichtige Band dort weiterhin erhältlich, und zwar zum Sonderpreis von 52 Euros bei Abholung.
Als Mitverfasser habe ich 42 bisher völlig unbekannte Radierungen und Neudatierungen anhand zeitgenössischer Literatur entdeckt, den kompletten Literaturteil und die Rubrik Austellungen erstellt, letzteres war mühsam, da es nur wenige Einzelausstellungen von ihm gab.
Andreas Weber – Württembergische Landesbibliothek Stuttgart.
Mitglied Schwäbischer Heimatbund