Weinbergmauer

Die Träger des Kulturlandschaftspreises 2020

Landschaftspflege in vielen Facetten und der Albrand als Lernort

Den Reichtum einer Kulturlandschaft rund um Bad Urach in den Mittelpunkt des Schulunterrichts zu nehmen – in ihren vielen Facetten von den artenreichen Wiesen bis zum charakteristischen Streuobstanbau: Das ist das Ziel eines langjährigen Schülerprojekts am Rande der Alb. Hierfür wurde es nun ebenso wie vier weitere Preisträger mit dem Kulturlandschaftspreis 2020 des Schwäbischen Heimatbundes ausgezeichnet. Zugleich wurde es auch zum Träger des diesjährigen Jugendpreises gekürt. Alle fünf Preisträger, von Forchtenberg im Hohenlohekreis über das Enz- und Neckartal bis nach Bad Urach am Albtrauf im Kreis Reutlingen machen mit ihrem Engagement deutlich, dass die Auseinandersetzung mit den Ressourcen unserer Landschaften und deren Pflege, das Weitergeben von Wissen sowie Einblicke in ökologische Zusammenhänge überall im Land als generationsübergreifende Aufgaben angenommen sind. Weitere zwei Sonderpreise wurden an Initiativen vergeben, die sich für Kleindenkmale engagieren.

Wer sich in Württemberg, Hohenzollern und den angrenzenden Regionen um den Erhalt von Streuobstwiesen, Wacholderheiden, Trockenmauern und anderen landschaftsprägenden Elementen kümmert, kann sich um den Kulturlandschaftspreis bewerben, den der Schwäbische Heimatbund und der Sparkassenverband Baden-Württemberg jährlich ausloben. Wie vielfältig die Projektansätze und Initiativen sind, machen die diesjährigen Preise deutlich. Die Jugendpreisträger – Schülerinnen und Schüler des Uracher Graf-Eberhard-Gymnasiums – erarbeiten sich mit vielen Aktionen ein breites Bewusstsein für die Bedeutung der Kulturlandschaft und einen reflektierten Heimatbegriff.

Um Steillagenweinbau geht es bei Felix Velte aus Ingersheim. Familie Haag aus Forchtenberg sichert mit Schafen und Ziegen die Erhaltung den Artenreichtums entlang der Rebflächen, während die Ortsgruppe Kohlberg des Schwäbischen Albvereins mit der Ziegenbeweidung nachhaltig gegen die Verbuschung steiler Hanglagen vorgeht. Die Preisträger aus Vaihingen/Enz haben es sich zur Aufgabe gemacht, Streuobstwiesen als unseren größten Biotoptyp für die Zukunft zu erhalten. Ohne dieses beispielgebende Engagement wären viele der historisch wie ökologisch besonders wichtigen Strukturen und Schönheiten unserer durch Bewirtschaftung entstandenen Landschaft bereits verschwunden, betont der Vorsitzende der Jury, Dr. Volker Kracht.

Zeitzeugen am Wegesrand

In Talheim (Landkreis Heilbronn) ebenso wie in Althütte (Rems-Murr-Kreis) werden zwei Projekte für ihre beispielhafte Dokumentation und Sicherung von Flurdenkmalen ausgezeichnet. Überzeugend ist bei beiden die spannende Vermittlung ihrer Ergebnisse – in Talheim mit einem reich illustrierten Buch, in Althütte mit Vorträgen und Exkursionen vor Ort.

Jugend-Kulturlandschaftspreis 2020

Graf-Eberhard-Gymnasium, 72574 Bad Urach (Kreis Reutlingen)

Aktivitäten und Aktionen zum Thema Streuobst und Magerrasen – gemeinsam getragen von Schülern und Lehrern

Kinder mit Imkeranzügen unter Obstbäumen
Die Imkerei-AG im Gelände

Der besondere Reichtum der Kulturlandschaft rund um Urach mit ihren Magerrasen und Streuwiesen hat am örtlichen Gymnasium über lange Jahre zahlreiche Aktionen und Aktivitäten entstehen lassen, die diesen Schatz sichern und fördern. Inzwischen sind daraus längst ständige Arbeitsgruppen geworden, die von Schülern und Lehrern gemeinsam getragen und organisiert werden. Mit jährlicher Magerrasenpflege im nahe gelegenen Naturschutzgebiet, Baumschnittkursen, Apfelsaftgewinnung, Imkerei und Insektenexkursionen in jeweils definierten Klassenstufen auf dem Schulgütle und mit weiteren dadurch angeregten Umweltaktionen der SMV erarbeiten sich die Schüler ein breites Bewusstsein für die Bedeutung dieser Kulturlandschaft und einen reflektierten Heimatbegriff.

Kulturlandschaftspreis 2020

(von Nord nach Süd)

Familie Dieter Haag, 74670 Forchtenberg (Hohenlohekreis)

Landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb mit Schafen und Ziegen – Landschaftspflege und Direktvermarktung.

Ziegenherde
Vierbeinige Kulturlandschaftspfleger

Mit insgesamt fast 400 Schafen und Ziegen in drei Herden beweidet Familie Haag in enger Absprache und im Auftrag des Naturschutzes etwa 50 ha Landschaftspflegeflächen innerhalb der Rebflächen rund um das Winzerstädtchen Forchtenberg in Hohenlohe. Im Nebenerwerb sichern sie den Artenreichtum in den zwischen den Rebflächen verbliebenen Naturflächen und aufgegebenen Weinbergen. Dass Zauneidechse, Schlingnatter, Wilde Tulpe und Träubelhyazinthe am Kocher und in seinen Nebentälern noch geeigneten Lebensraum finden, gehört zu den Verdiensten dieses fachkundigen Landschaftspflegebetriebs.

Streuobstinitiative Vaihingen/Enz und Umgebung, 71665 Vaihingen/Enz (Kreis Ludwigsburg)

Lebensraumerhaltung durch Aufpreisvermarktung, zahlreiche Aktionen und Projekte zum Thema Streuobst

Zwei Männer sortieren Äpfel
Letzte Kontrolle vor der Presse

10 Jahre ist das Aktionsbündnis Streuobst-Aufpreis-Initiative inzwischen alt und kann auf eine wirkliche Erfolgsgeschichte zurückblicken bei dem Ziel, Streuobstwiesen als unseren flächenmäßig größten Biotoptyp für die Zukunft zu erhalten. Mit strengen Kriterien in den Obsterzeuger-Verträgen – ohne Mineraldünger, Pestizide, Insektizide und mehr, jährlichen Stichprobenkontrollen und Resteverwertung bei Viehaltern – hat sich die überwiegend ehrenamtlich tätige Initiative den Ruf kleinlich zu sein, erworben. Aber 180t verwertetes Obst und – dank der Zusammenarbeit mit einem engagierten Apfelschorle-Produzenten – ein guter Abnahmepreis für das Obst sind die Kennzahlen für den Erfolg.

Weingut Felix Velte, 74379 Ingersheim (Kreis Ludwigsburg)

Wiederaufbau von 210qm Weinbergmauern in Steillage und Wiederbepflanzung mit traditionellen Rebsorten sowie Obstbäumen

Weinbergmauer
Steillagenweinbau ist eine große Herausforderung

Über sechs Jahre lang hat der junge Winzer Felix Velte seine Freizeit darin investiert, zwei lange brachliegende Weinberge mit Steillagenterrassen zu sanieren, neu zu bestocken und wieder in die Ingersheimer Kulturlandschaft einzugliedern. Mit der Unterstützung von Familie, Freunden und Verwandten sind in dieser Zeit über 210 qm naturnahe, landschaftsprägende Weinbergmauern und bewirtschaftbare Terrassen entstanden, auf denen nun Weine mit besonderem Qualitätsstandard herangezogen und im neu gegründeten Weingut vermarktet werden.

Schwäbischer Albverein Ortsgruppe Kohlberg, 72664 Kohlberg (Landkreis Esslingen)

Landschaftspflege mit Ziegen auf Magerrasen an steilen Hängen.

Ziegen in einer Felsspalte
Da kommt kein Rasenmäher hin

Jusi, Floriansberg und das Neuffener Hörnle sind markante Landmarken und beliebte Wanderziele am Albtrauf und zeichnen sich durch Magerrasen mit großem Artenreichtum aus. Die Bedrohung dieser artenreichen Wiesen durch mangelnde Beweidung und Verbuschung hat vor 10 Jahren die Kohlberger Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins dazu gebracht, sich selbst eine Ziegenherde zuzulegen und die Pflege dieser bedeutsamen Kulturlandschaftselemente zu übernehmen. Dank ihrer Fachkunde und mit hohem ehrenamtlichen Engagement gedeihen in den Pflegeflächen weiterhin viele typische Tier- und Pflanzenarten, darunter ausgesprochene Raritäten.

Sonderpreis Kleindenkmale 2020

teein mit einer figürlichen Zeichnung und einer Jahreszahl
Familie Gaa dokumentiert die Grenzsteine aufs Genaueste.

Holde und Dietrich Gaa, 74388 Talheim (Landkreis Heilbronn)

Verfasser der Buchs „Kleindenkmale. Aus der Talheimer Geschichte“ nach langjähriger Forschungsarbeit.

In einem fesselnd zu lesenden und ausgezeichnet illustrierten Buch haben die Autoren die Ergebnisse ihrer langjährigen Gelände- und Archivrecherche zu den Kleindenkmalen von Talheim zusammengefasst. Die Entstehungsgeschichte von 333 Grenzsteinen und anderen Kleindenkmalen wird darin lebendig und bringt interessierten Mitbürgern das Wissen um diese Zeugnisse ihrer Geschichte näher.

Manfred Tegenkamp, 71566 Althütte (Rems-Murr-Kreis)

Erfassung und Dokumentation der über 400 Kleindenkmale in Althütte.

Stein mit einer Krone als Relief
Einer der markanten Haussteine in Althütte.

Mit Wissbegier, vorbildlichem Engagement und dem Willen, ihre neue Wahlheimat näher kennen zu lernen haben der Preisträger und seine Frau die Kleindenkmale von Althütte gesucht, per GPS digitalisiert, fotografisch dokumentiert und beschrieben. Neben fast 350 Grenzsteinen, etlichen Brunnen, Backhäusern und weiteren Zeugen der Geschichte gehören auch 33 sogenannte Haussteine dazu, die viel über die Geschichte des jeweiligen Hauses erzählen. In zahlreichen Vorträgen und Wanderungen zu den Objekten hat Herr Tegenkamp das Thema breit in die Öffentlichkeit getragen.

Hinweise

Die Fotos auf dieser Seite wurden jeweils von den Preisträgern zur Verfügung gestellt und unterliegen dem Urheberrecht.

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