Fenster mit grünen Klappläden

Die Träger des Denkmalschutzpreises 2024

Foto oben: Fenster am einstigen Forsthaus von Neuweiler-Agenbach – eines der preisgekrönten Objekte 2024 (Foto: Bernd Langner)

Würdigung besonders beispielhafter Sanierungen

Auch 2024 dürfen sich fünf private Denkmaleigentümerinnen und -eigentümer wieder über die Auszeichnung mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg freuen. Mit diesem Preis, der bereits 1978 als Peter-Haag-Preis für Württemberg gegründet wurde und seit 2000 vom Schwäbischen Heimatbund und dem Landesverein Badische Heimat gemeinsam landesweit vergeben wird, werden Privatleute geehrt, die bei der Sanierung und Umnutzung ihres historisch bedeutsamen Hauses besonders vorbildlich vorgegangen sind und damit einen wichtigen Beitrag zur Weitertradierung der vielfältigen Baukultur im Land geleistet haben. Der Preis steht unter der Schirmherrschaft von Wohnungsbau-Staatssekretärin Andrea Lindlohr und wird bereits seit 2006 ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Wüstenrot Stiftung.

Kulturdenkmale, das sind nicht nur Kirchen und Schlösser in öffentlichem Eigentum. Die vielfältige Denkmallandschaft in Baden-Württemberg wird in erster Linie bestimmt durch die vielen Kulturdenkmale in privater Hand. Für die privaten Eigentümer ist die Erhaltung und Sanierung ihrer Bauten keine leichte Aufgabe. Dass private Denkmaleigentümer dennoch mit großem persönlichem und finanziellem Engagement sowie kreativen Ideen ihrer gesetzlichen Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen nachkommen, soll gewürdigt werden, so Dr. Gerhard Kabierske, der Vorsitzende der unabhängigen neunköpfigen Jury.

Das Gremium besteht aus Vertreterinnen und Vertretern des Schwäbischen Heimatbundes, des Landesvereins Badische Heimat, der Wüstenrot Stiftung, der Landesdenkmalpflege, des Städtetags und der Architektenkammer Baden-Württemberg sowie des Handwerks. Mit 92 Bewerbungen waren erfreulicherweise so viele Bewerbungen zu verzeichnen wie seit 20 Jahren nicht mehr. 13 Objekte kamen in eine engere Wahl. Nach deren Besichtigung wurden schließlich die fünf Preisträger für 2024 bestimmt, die sich durch besonders vorbildliche Sanierungen auszeichnen (von Nord nach Süd): die „Alte Münz“ in Wertheim, das frühere Forsthaus in Neuweiler-Agenbach, die ehemalige Reithalle in Achern, der Farnrain-Hof in Elzach-Yach sowie das Backhausareal in Salem-Neufrach.

Als Zeichen der Anerkennung erhalten die Eigentümer und Eigentümerinnen einen Geldpreis in Höhe von 5.000 Euro sowie eine Bronzetafel zur Anbringung an ihrem Gebäude. Zudem ist die Auszeichnung mit Urkunden für die Eigentümer sowie die beteiligten Architekten, Restauratoren und Handwerker verbunden.

Die Preise werden im Rahmen einer Festveranstaltung im Frühjahr 2025 überreicht.

Pressefotos unter: www.schwaebischer-heimatbund.de/presse

Die Preisträgerinnen und Preisträger des Denkmalschutzpreises Baden-Württemberg 2024

„Alte Münz“ in Wertheim (Main-Tauber-Kreis)

Eigentümergemeinschaft Harald Brode, Ilse Fürnkranz-Deroua, Hans Müller-Rodenbach, Cornelia Sachs, Nora Sachs-Rippler, Frank Teicke

historisches Gebäude mit rotem Fachwerk
Denkmalschutzpreis 2024: Alte Münz in Wertheim (Foto: privat)

Das Objekt ist in jeder Hinsicht spektakulär, nicht nur, was das erstaunliche Alter, seine Baugeschichte über Jahrhunderte, die Rolle im Stadtbild und die außerordentlichen Befunde im Inneren angeht. Alles andere als alltäglich ist auch die Art und Weise, wie seine geglückte Sanierung zustande kam. Der frühere Eigentümer der Immobilie, deren Obergeschosse seit 1996 leer standen, sah sich nicht in der Lage, notwendige Baumaßnahmen unter den strengen Auflagen der Denkmalbehörden umzusetzen. Auf Initiative von Harald Brode fand sich daraufhin eine Gruppe engagierter Bürger und Bürgerinnen zusammen, die 2017 die historisch so wertvolle Immobilie als Eigentümergemeinschaft kauften. Sie strebten eine Sanierung an, bei der wirtschaftliche Aspekte einer möglichst lukrativen Vermarktung bewusst nicht im Vordergrund standen und die Nutzung dem historischen Bestand – und nicht umgekehrt – folgen sollte. Brode ist als Motor für die Rettung bedeutender Kulturdenkmale zwischen Hohenlohe und Main kein Unbekannter. Er wurde bereits viermal mit dem Denkmalschutzpreis für seinen immer wieder vorbildlichen Umgang mit Bauten in zuvor meist äußerst prekärem Zustand ausgezeichnet.

historische Deckenbalken mit Malereien
Denkmalschutzpreis 2024: Alte Münz in Wertheim (Foto: Stefan Rippler)

Die Baugruppe aus zwei unterschiedlichen Zeiten im Winkel einer Gasse in der dicht bebauten mittelalterlichen Altstadt von Wertheim besteht aus einem steinernen Haus mit Treppengiebel, das 1261 vermutlich als Schultheißamt der Grafen von Wertheim errichtet sowie 1407 und 1560 aufgestockt wurde. 1587–89 wurde zu seiner Rechten über einem hohen steinernen Sockelgeschoss ein prächtiger Schmuckfachwerkbau für den Schultheiß und Tuchscherer Peter Heußlein angefügt. Als Gräflich-Wertheimische Münzprägestätte, die der Baugruppe ihren heutigen Namen gab, wurde das Anwesen nur relativ kurz zwischen 1767 und 1808 genutzt. Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnen in den Obergeschossen stand bei der Nutzung immer im Vordergrund, auch bis in die jüngste Zeit, nachdem es, 1862 vom Fürstenhaus verkauft, in private Hände gelangte. Umso überraschender ist, dass niemals durchgreifende Umbauten die Spuren der älteren und ältesten Hausgeschichte auslöschten.

Mit Unterstützung von Stadt, Denkmalpflege und Denkmalstiftung entwickelte die aktive Eigentümergemeinschaft ein Finanzierungs- und Zeitkonzept, dem eine detaillierte Bauaufnahme und wissenschaftliche Bauforschung folgten. Die Entdeckung von bislang unbekannten Befunden im Inneren, erwähnt sei nur der „Pietra-Rasa“-Verputz mit Kellenritzungen der Fugen, der tatsächlich noch aus der Erbauungszeit des steinernen Hausteils im 13. Jahrhundert stammt, ließen die „Alte Münz“ laut Denkmalpflege zu einer wahren „Schatzkammer“ werden. Die Bauherrschaft, die auch viel Eigenleistung einbrachte, war uneigennützig bereit, diese Befunde aufwändig freilegen und professionell sichern zu lassen. Aber nicht nur das: man verzichtete ganz im Sinne der Denkmalpflege auf jeglichen Dachausbau, ebenso auf größere Grundrissänderungen. Die Wohnnutzung wurde auf unbedenkliche Bereiche im Fachwerkteil eingeschränkt, im Steinhaus entstanden Konferenzräume und darüber ein Coworking-Space-Arbeitsbereich mit mietbaren PC-Arbeitsplätzen. Nachdem die Baumaßnahmen mit der Eröffnung eines Bistros und einer Offenen Werkstatt 2024 fertiggestellt sind, ehrt die Jury diese in jeder Beziehung vorbildliche Sanierung mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg.

Ehemaliges Forsthaus in Neuweiler-Agenbach (Landkreis Calw)

Dr. Ingrid und Andreas Mahle

historisches Gebäude vor einer Wiese mit Kühen
Denkmalschutzpreis 2024: ehemaliges Forsthaus in Neuweiler-Agenbach (Foto: Andreas Mahle)

Im Zuge der damals vehement betriebenen Veräußerungspolitik von Landesimmobilien stand in den 1990er-Jahren auch das alte Forsthaus in Agenbach zum Verkauf, in einem kleinen Ort inmitten der ausgedehnten Waldungen des Nordschwarzwaldes zwischen Bad Wildbad und Bad Teinach. Der stattliche Bau mit Wohn- und Ökonomieteil, dominierend am Ortsrand gelegen, umgeben von Wiesen und nahe am Wald, hatte großes Glück, in Ingrid und Andreas Mahle ideale neue Eigentümer zu finden. Die Ärztin und der Agrar­ingenieur, in denkmalpflegerischen und baukulturellen Fragen besonders engagiert, kauften das Anwesen 1999 und haben in bemerkenswerter Konsequenz und mit hohem gestalterischen Anspruch über ein Vierteljahrhundert die Reparatur und Weitertradierung des Baudenkmals betrieben.

Inneres eines Dachgeschosses mit sichtbarem Fachwerk
Denkmalschutzpreis 2024: ehemaliges Forsthaus in Neuweiler-Agenbach (Foto: Andreas Mahle)

Ursprünglich war das Haus Teil eines Gutes, das sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen lässt. Errichtet wurde der Bau mit steinernem Sockelgeschoss, in dem sich die Ställe befanden, einem verschindelten Wohngeschoss und einem hohen Satteldach mit verbretterten Giebeln im Jahr 1785, wie eine Datierung über dem Kellereingang dokumentiert. Ein Umbau 1830, durch eine Jahreszahl über der Haustür nachgewiesen, verlegte den Eingang und fügte das firsthohe mächtige Zwerchhaus auf der Ostseite hinzu. 1866 wurde das Gut an den württembergischen Staat verkauft, alle älteren Gebäude abgerissen und nur das jüngste Haus der Baugruppe von nun ab als Dienst- und Wohngebäude für die Forstbehörde der Region genutzt. Als solches erfuhr es bis in die 1970er-Jahre eine laufende Bauunterhaltung, die aber vor allem im Inneren immer wieder mit verändernden Modernisierungen verbunden war, wobei Teile der originalen Ausstattungselemente verlorengingen.

Andreas Mahle formuliert sein Credo des Umgangs mit dem Haus in fünf Punkten: Sicherung der Substanz, minimalinvasive Reparaturen und Verzicht auf einen das Haus überlastenden Ausbau, Verzicht auf Eile bei allen Entscheidungen, Lösungen, die handwerklich und ästhetisch dem Haus, nicht der jeweiligen Mode geschuldet sind, sowie das Eingehen auf die besondere Aura des Gebäudes, denn, so der Bauherr, „Ein Haus redet – man muss ihm nur zuhören“. Diesen Maximen folgend haben die Mahles in drei Bauphasen das frühere Forsthaus baulich instandgesetzt und vorsichtig weiterentwickelt, dabei aber auch mit Fingerspitzengefühl nichtadäquate Veränderungen rückgebaut.

Am Anfang standen ab 2000 die dringendsten Arbeiten, die zusammen mit dem Architekten Werner Thoss aus Nagold und in enger Beratung durch das Landesdenkmalamt erfolgten: die Reparatur des großflächigen Daches mit einer Außendämmung, die an der Traufe nicht unangenehm ins Auge fällt und auf der Westseite mit dem Einbau von sechs kleinen Gauben verbunden war, deren Größe auf  Zwischensparrenbreite reduziert blieb. Im Inneren wurde bei den neu gewonnenen Räumen bewusst der Dachbodencharakter bewahrt. Die Fenster im Dachgeschoss aus den 1950er-Jahren wurden ersetzt, ebenso der nicht mehr tragfähige Boden in der Küche nachverstärkt. Weitere schonende Arbeiten erfolgten 2011–14 sowie 2021–24 mit der Erneuerung von Sanitärbereichen, dem Austausch von nicht passenden Türen und Fenstern sowie einem Außenanstrich, der einem älteren Befund entspricht. Die Jury war aber nicht nur vom Umgang mit dem Baudenkmal beeindruckt, sondern auch davon, wie die Mahles das zugehörige Umland bewirtschaften. Ein neues offenes Stallgebäude für eine Mutterkuhhaltung bildet zusammen mit dem Altbau, dem Bauerngarten und der Streuostwiese wie selbstverständlich ein zusammengehöriges Ensemble. Und als ein kleines Bauernhaus jenseits der Wiese zum Verkauf stand, erwarben die Bauherren auch dieses, um es wie das alte Forsthaus adäquat zu sanieren. Es wird nun als Ferienhaus genutzt.

Ehemalige Reithalle in Achern (Ortenaukreis)

Astrid und Gerold Weber

Eingangsseite einer großen Halle aus Backstein
Denkmalschutzpreis 2024: ehemalige Reithalle in Achern (Foto: Thomas Eicken)

Astrid und Gerold Weber machten sich schon vor über zehn Jahren einen Namen, als sie mit kreativen Ideen, Innovationsgeist, aber auch mit sehr viel Verantwortung  gegenüber dem Kulturdenkmal das Heiz- und Maschinenhaus der früheren Heil- und Pflegeanstalt Illenau in Achern zu Wohnzwecken umbauten. Dafür erhielten sie bereits 2012 den Denkmalschutzpreis. Wenige Jahre später ließen sie sich auf ein noch viel sperrigeres Kulturdenkmal ein, das in ihrer Nachbarschaft seit der Mitte der 1990er-Jahre ohne Nutzung in einen immer problematischeren Zustand verfiel. 2019 kauften sie eine frühere Reithalle von gewaltigen Dimensionen, die Wände unverputzt mit einem sichtbaren Skelett in einfachem Stampfbeton, ausgemauert mit groben Backsteinen, das Innere stützenlos überspannt von einem gewaltigen offenen Dachwerk aus Bretterbindern.

Inneres einer großen Halle
Denkmalschutzpreis 2024: ehemalige Reithalle in Achern (Foto: Thomas Eicken)

Eine gewisse Ruppigkeit zeichnet den Bau aus. Deutlich wird das Diktat der Sparsamkeit bei der Entstehung. Tatsächlich macht dieser Charakter einen wichtigen Teil der Denkmalaussage aus. Errichtet wurde das Bauwerk nämlich im Notjahr 1946, als die Illenau von der französischen Armee beschlagnahmt war. Die Krankenanstalt diente als Offizierschule, und für diesen Zweck wurde eine Reithalle benötigt. In einer Zeit des Materialmangels wurde dieser Großbau von der sich erst wieder formierenden deutschen Bauverwaltung für das französische Militär realisiert – ein Teil der Reparationsforderungen der Alliierten, ein bauliches Geschichtszeugnis von Rang und ein letzter Rest der Illenau als Kaserne bis zum Abzug der Franzosen 1994.

Das Konzept einer Mischnutzung, mit der die Webers den Zuschlag zum Kauf erhielten und das trotz Pandemie-Umständen mit dem Offenburger Architekten Michael Welle rasch umgesetzt werden konnte, führte zu einer die originale Bausubstanz außergewöhnlich schonenden Lösung. Der Großteil der Innenfläche nimmt nun eine Markthalle mit Dauerständen für regionale Bioprodukte ein, ergänzt durch eine Buchhandlung und ein Café, das im Außenbereich auch eine ehemalige Militärtankstelle aus den 1950er-Jahren nutzt. Drei großzügige zweigeschossige Einfamilienhäuser in Holzbauweise sind wie Container in den hinteren Teil der Halle eingestellt, ebenso zwei Einbauten für Büros, geschickt beleuchtet durch neue Fensterelemente in den seitlichen Hallentoren, die offenstehend auch erhalten blieben. Weitere Büros fanden Platz in schon früher vorhandenen Räumen auf einer Empore über dem Hauptzugang.

Die Jury zeigte sich begeistert darüber, wie die ursprünglichen Bauteile originalgetreu und handwerklich hochwertig instandgesetzt wurden: die durch eindringenden Regen geschädigten Brettbinder des Dachwerks, die bis hin zum Abstand der Nagelungen wiederhergestellt wurden; die historischen Tore und die vielen einfachverglasten Fenster mit ihrem hellgrauen Anstrich; das vorsichtig sanierte Mauerwerk oder das Dach, das nach einer nicht ins Auge fallenden Außendämmung wieder seine bisherigen Ziegel erhielt. Der karge Nachkriegs-Charakter blieb bei all diesen Maßnahmen gewahrt. Eine Veränderung bildet der firstnahe Einbau von Lichtbändern in die beiden riesigen Dachflächen. Sie wurden bündig einsetzt und mit in das Glas integrierten Fotovoltaikmodulen ausgestattet – Elemente, die dem Gesamtbild angemessen sind und nicht störend ins Auge fallen. Energetisch und im Hinblick auf Nachhaltigkeit ist die Halle ein Vorzeigeobjekt geworden, nicht zuletzt dank der Profession des Bauherrn als Fachmann für Solartechnik. Das Raumvolumen des Inneren muss aufgrund der Funktion als Markthalle nicht geheizt werden, was die Erhaltung der Fenster ermöglichte. Heizung und Warmwasser der Wohnungen und Büros werden dagegen von einer zentralen Holzpelletanlage geliefert, die ein für alle sichtbares gestalterisches Element inmitten der Markthalle geworden ist. Die Jury war überzeugt von der erneuten besonderen denkmalpflegerischen Leistung der Eheleute Weber, die überdies als ungewöhnlich engagierte Privatpersonen der Stadt Achern zu einem neuen bürgernahen Mittelpunkt verholfen haben.

Farnrainhof in Elzach-Yach (Landkreis Emmendingen)

Dr. Ute und Dr. Markus Kunze

historisches Gebäude im Wald
Denkmalschutzpreis 2024: Farnrainhof in Elzach (Foto: Markus Kunze)

Jahrelang war das Arztehepaar Kunze aus Villingen-Schwenningen auf der Suche nach einem unter Denkmalschutz stehenden Schwarzwaldhof, den sie zunächst als Wochenenddomizil nutzen wollten und der später zum Alterswohnsitz werden sollte. Schon seit der Jugend vertraut mit den schönen Seiten heutigen Wohnens in alten Mauern, scheuten sie sich nicht, sich auch auf ein sanierungsbedürftiges Objekt einzulassen. Der Farnrainhof, den sie schließlich 2018 kauften, in landschaftlich sehr schöner Lage an einem Steilhang in Yach gelegen, heute ein Ortsteil von Elzach, verlangte ihnen dann aber doch einiges an Stehvermögen ab.

holzverkleidete Stube in einem historischen Gebäude
Denkmalschutzpreis 2024: Farnrainhof in Elzach (Foto: Markus Schwer)

Auf den ersten Blick sah der eher kleine Hof keineswegs wie eine Ruine aus. Störend waren im Inneren vor allem die durch viele Bodenbeläge, Gipskartonwände, Tapeten und Farbschichten geradezu überkrusteten Oberflächen, die das Haus und seine ursprünglich archaische Derbheit verunklärten. Die genaue Bauuntersuchung und die historischen Recherchen brachten dann eine äußerst komplexe Baugenese und Bewohnergeschichte ans Licht und dass der Hof ursprünglich Schille-Bernharde hieß und seinen heutigen Namen erst in jüngster Zeit erhielt. Der zweigeschossige Bau war noch im 18. Jahrhundert in Ständerbohlenbauweise über einem gemauerten talseitigen Keller errichtet worden, als Haus von Webern mit einer kleineren Landwirtschaft. 1852 wurde es im Nordwesten im Erdgeschoss um einen aus Bruchsteinen gemauerten Anbau erweitert, die alte Außenwand zum Teil integriert, zum Teil abgerissen, das Dach verändert wie nochmals bei einer erneuten Erweiterung um 1929, bei der auch der Vollwalm des Nordgiebels durch einen auskragenden Krüppelwalm ersetzt wurde. Alle diese Erweiterungsmaßnahmen führten auf Dauer zu erheblichen Wasserschäden an der Holzsubstanz. Noch größere Schäden verursachten Veränderungen, die im Zuge mehrerer Besitzerwechsel erst in den letzten dreißig Jahren entstanden sind. Man wollte an mehreren Stellen im Inneren die sehr geringen Deckenhöhen korrigieren und am Giebel unter dem Krüppelwalm eine Loggia schaffen. Ein großer Eingriff war auch der Abbruch der ehemaligen hangseitigen Außenmauer, um den Stallbereich um den früher offenen Luftgang zu erweitern. Die dilettantische Entfernung relevanter Bauteile führte zu großen statischen Problemen beim Tragwerk, die erst durch die genaue Bauanalyse offensichtlich wurden.

Nach ersten Sicherungsmaßnahmen gegen einen Einsturz des Daches erfolgte die Sanierung des Gebäudes durch das Architekturbüro Hardy Happle in Wolfach. Dabei mussten zwar gezwungenermaßen im früheren Stall- und Dachbereich viele Balken ersetzt werden, dies geschah jedoch nach Meinung der Jury in handwerklich außerordentlich qualitätsvoller Weise. Bauteile der ursprünglichen Holzkonstruktion wurden wo nur immer möglich erhalten. Es gelang angesichts der Befunde, die alte Dachform wiederherzustellen. Das Volumen des Hofes wurde dadurch wieder lesbar, auch durch den Rückbau gestalterisch verunklärender Bauteile und die Wiederherstellung des ehemaligen Vollwalms. Die statische Verbesserung der Dachhaut erfolgte durch eine Aufsparrenlage, die auch eine wärmetechnische Verbesserung für heutige Wohnzwecke ermöglichte. Das Dach wurde zur Erweiterung der Wohnfläche mit ausreichender Deckenhöhe genutzt und im weitgehend erneuerten Stallbereich das großzügige Bad untergebracht. Den Denkmalpreis verdient das Haus aber in erster Linie angesichts des beispielgebenden Umgangs mit den unvorhergesehenen Befunden in den historischen Wohnstuben des unteren Geschosses. Dort kamen unter Verkleidungen und Anstrichen überraschend viele originale Oberflächen zutage, die in vorbildlicher Weise mit sehr großen Aufwand restauratorisch behandelt und freigelegt wurden. Lehm- und Kalkfassungen, Stempelmalereien, Schellackflächen und Vergoldungen wurden gereinigt und gefestigt, Fehlstellen in alter Farbrezeptur präzise ergänzt. In der Abfolge der unterschiedlichen Stuben ist die charakteristische Wohnkultur in einem traditionellen Schwarzwaldhof wieder erlebbar geworden.

Backhausareal in Salem-Neufrach (Bodenseekreis)

Christina Hopstock

zwei Gebäude - eines davon ein Holzschuppen, das andere ein kleines Fachwerkhaus
Denkmalschutzpreis 2024: Backhausareal in Salem-Neufrach (Foto: Anette Busse)

Bürgerschaftliches Engagement ist für Christina Hopstock eine Selbstverständlichkeit. Die Beraterin für Nachhaltigkeitsmanagement tritt öffentlich dafür ein, dass jeder nach seinen finanziellen Möglichkeiten dazu beiträgt, etwas für Umwelt und Gesellschaft zu tun. Dieses Prinzip wurde in ihrer Familie bereits bei anderen Bauprojekten verwirklicht, die ihr als gutes Beispiel dienten.

altes Fenster
Denkmalschutzpreis 2024: Backhausareal in Salem-Neufrach (Foto: Gerhard Kabierske)

Für ein früher eher unscheinbares Bauensemble in Neufrach, heute ein Stadtteil von Salem nördlich des Bodensees, sollte diese Lebenseinstellung die Rettung bedeuten. Nahe ihrem Elternhaus gelegen, trotzte das sogenannte Backhausareal jahrelang den Gefahren der auch in der Bodenseeregion relevanten Bodenspekulation. Drei Häuschen stehen dort auf einem ansteigenden Grundstück malerisch gruppiert nahe beieinander: ein nach historischen Recherchen 1839 errichtetes Backhaus mit einem 1867 hinzugefügtem Schopf für das Brennholz sowie ein etwas älteres kleines Fachwerkgebäude von etwa 1811, das zwar offenbar als Ausgeding errichtet, aber nie als solches genutzt worden war, sondern nur Lagerzwecken diente. Es waren ursprünglich allesamt Nebenbauten eines großen Bauernhofs, der, nicht als Kulturdenkmal eingestuft, einem wenig ins Ortsbild passenden Neubau mit Eigentumswohnungen weichen musste. Mit Backhaus und Holzschopf, als Kulturdenkmale benannt, konnte nicht so einfach verfahren werden. Das abgetrennte Grundstück war mit seinen äußerst sanierungsbedürftigen „Altlasten“ nicht mehr lukrativ zu vermarkten.

Da trat die Familie von Christina Hopstock als Retterin der Baugruppe vor dem endgültigen Verfall auf und kaufte das Areal 2017 in der festen Absicht, hier ein Exempel für Denkmalschutz, Traditionspflege und lokalem Gemeinsinn zu schaffen. Nach umfangreichen Bauuntersuchungen durch das Büro für Baudokumentation und Bauforschung von Andrea Kuch in Zwiefaltendorf wurden die drei Baulichkeiten saniert, wobei das Baubüro Bruhn in Friedrichshafen für die Architektenleistungen zuständig war.

Die Ausführung der Sanierung geschah ohne Eile in Etappen 2019–2021. Zuerst wurde das Backhaus, das auch als Waschhaus benutzt wurde, angegangen. Die funktionalen Elemente, wie etwa der Backofen mit Rauchabzug durch den Raum und der Schornstein, waren original erhalten, aber stark reparaturbedürftig. Alle Arbeiten erfolgten unter der Prämisse der Erhaltung der Originalsubstanz, zum Beispiel auch die alten handgestrichenen Dachziegel. Teile, die abgängig waren, wurden im gleichen Material und in der gleichen handwerklichen Technik erneuert, etwa der Außenputz. Den Ofen wieder gangbar zu machen, um ihn unter den heutigen Bauauflagen reaktivieren zu dürfen, erwies sich als besondere Herausforderung. Bei der darauf folgenden Sanierung des kleinen Häuschens, dessen Kellerwände zur statischen Sicherung weitgehend neu aufgemauert werden mussten, sowie beim Holzschuppen wurde auf dieselbe Weise verfahren. Die Jury war einhellig von der Qualität der handwerklichen Arbeit überrascht, die sich bei allen Gewerken dieser ausgesprochenen Mustersanierung zeigte. Den Denkmalpreis verdient die Bauherrschaft aber nicht zuletzt auch für das vorbildliche Konzept der Nutzung der Baugruppe, die zu einem Mittelpunkt des Gemeinschaftsgeschehens von Neufrach geworden ist. Im Backhaus wird nun sechs Mal im Jahr wieder gebacken, während das kleine Haus lokalen Vereinen und einem in der Gründung befindlichen Backhausverein als Versammlungslokal dient. Außerdem können im Vereinsheim Feiern und kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Für diese neue Funktion wurden im alten Anbau eine Toilette geschaffen, eine Rampe für einen behindertengerechten Zugang angebaut sowie im Innern eine Küchenzeile installiert. Der Teerbelag auf den Zuwegen und  in den Bereichen zwischen den Gebäuden wurde entfernt; für das neue Granitpflaster wurden nachhaltig Steine der Überlinger Seepromenade wiederverwendet.

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