moderne Gebäude mit Holzverkleidung

Der Neubau des SHB-Naturschutzzentrums

Zum hundertjährigen Jubiläum des Schwäbischen Heimatbunds im Jahr 2009 wurde dem Satzungsauftrag Naturschutz ein weiterer bedeutender Meilenstein gesetzt: Mit dem Bau eines großen Ausstellungsgebäudes mit Seminarbereich erfuhr das Naturschutzzentrum in Wilhelmsdorf eine wichtige Aufwertung seiner bisherigen Arbeit. Zugleich erhielt die Region um das Pfrunger-Burgweiler Ried mit der Eröffnung im Mai 2012 einen weiteren Besuchermagneten.

Wie alles begann

In den 1940er-Jahren konnte der damalige Bund für Heimatschutz in Württemberg und Hohenzollern aus den Hinterlassenschaften des industriellen Torfabbaus der Firma Bosch, Stuttgart, eine Fläche von ca. 50 ha Seen und verlandende Torfstiche erwerben. Dieser Grunderwerb war mit der Ursprung für die Naturschutzarbeit des Vereins, mit dem Ziel über Eigentum Naturschutzpolitik zu betreiben. Aus diesen Anfängen heraus kamen in den folgenden Jahren noch ca. 130 ha hinzu. Anfang der 1990er-Jahre erwarb die Gemeinde Wilhelmsdorf nördlich des Ortes ein ziemlich isoliert gelegenes Industriegrundstück eines Transportunternehmens mit Wohn- und Geschäftshaus für Zwecke und mit Mitteln des Naturschutzes.

Eine Idee hatte man noch nicht, was aus dem Grundstück werden sollte, aber das Grundstück lag direkt bei dem in den frühen 1980er-Jahren gebauten ersten Teil eines Riedlehrpfades. Könnte man nicht in diesem Haus eine Naturschutzstation oder Ähnliches einrichten? Die Gemeinde Wilhelmsdorf stimmte einem Nutzungsüberlassungsvertrag für 25 Jahre an den SHB zu. Großzügig half das Land über die Stiftung Naturschutzfonds. Viele Einzelspenden der Mitglieder und die Kostenübernahme der Firma Bülow aus Stuttgart für die Ausstellung setzten die Wünsche um. Am 11. Oktober 1994 konnte das umgestaltete Gebäude als Naturschutzzentrum seinen Betrieb aufnehmen. Das Naturschutzzentrum wurde vom Land offiziell mit der Betreuung der Schutzgebiete im Pfrunger-Burgweiler Ried beauftragt.

kleineres Gebäude mit Satteldach
Der Altbau des Naturschutzzentrums beherbergt heute die Verwaltung.

Auch ohne große Werbung wurden das Zentrum und die 1994/1995 wesentlich erweiterten Riedlehrpfade zu einer viel besuchten Einrichtung. Personelle Ergänzungen erweiterten die Arbeit und das bisherige Angebot um die Umweltbildung und die Naturpädagogik. Der Altbau mit seinen beiden kleinen Ausstellungsräumen platzte nicht nur bei Führungen aus allen Nähten. An eine Arbeit mit Schulklassen oder Kindergruppen war in dieser Enge nicht zu denken. Deshalb wurden 1997 das unbeheizbare Sommerklassenzimmer und 2000 die Naturerlebnisschule gebaut. Damit war es möglich, jährlich über 190 Veranstaltungen mit 5.000 bis 6.000 Besuchern durchzuführen.

Stiefkind blieb der Altbau mit den zu kleinen Ausstellungsräumen und den Büros für die Mitarbeiter. Die Frage nach einer Ertüchtigung des Altbaus brachte eine nicht zu realisierende Kostenschätzung von über 260.000 Euro mit sich.

Neue Gebäude und neue Ausstellung: Attraktives Ausrufezeichen für Naturschutz und Tourismus

Mit dem Neubau des Naturschutzzentrums und der Eröffnung im Jahr 2012 in Wilhelmsdorf (Kreis Ravensburg) setzen der Schwäbische Heimatbund und die Gemeinde Wilhelmsdorf ein markantes Signal für den Naturschutz und die Umweltbildung in der zweitgrößten Moorlandschaft Südwestdeutschlands. Die neue, interaktive Ausstellung und die zahlreichen Mitmachangebote des Naturschutzzentrums stärken auch den Tourismus in der Ferienregion Nördlicher Bodensee. Am Sonntag, den 13. Mai 2012, wurde das neue Naturschutzzentrum bei einem Tag der offenen Tür erstmals geöffnet.

langgestrecktes Gebäude mit Holzverkleidung

Das architektonisch herausragende Gebäude, geplant von den Ravensburger Architekten Wolfgang Selbach und Jürgen Kneer und erst vor Kurzem ausgezeichnet mit dem Holzbaupreis des Landes Baden-Württemberg, interpretiert zeitgemäß Stilelemente der traditionellen Torfstecherhütten im Pfrunger-Burgweiler-Ried durch die Verwendung von viel Holz und Glas. Eine energieeffiziente Erdsonden-Wärmepumpe sowie eine Photovoltaikanlage gewährleisten einen umweltfreundlichen Betrieb.

Auf insgesamt rund 490 Quadratmetern beherbergt der Neubau eine komplett neu gestaltete, interaktive Ausstellung zur Moorentstehung, der Tier- und Pflanzenwelt sowie der Kulturgeschichte der zweitgrößten Moorlandschaft im deutschen Südwesten. Ein Vortragsraum mit Bewirtungsoption und ein Seminarraum bieten den Besuchern ein angenehmes Ambiente und zusätzliche Fortbildungsmöglichkeiten. Das neue Gebäude ersetzt den nun durch die Verwaltung genutzten, in die Jahre gekommenen Altbau und ergänzt das vor allem von Schulklassen und Besuchergruppen genutzten Sommerklassenzimmer und die Naturerlebnisschule.

Ideales Instrument für den Naturschutz

Gebäude aus Holz

Insgesamt rund 1,86 Millionen Euro investierten der Verein und die Gemeinde mit der Unterstützung von Bund, dem Land Baden-Württemberg sowie zahlreicher Sponsoren in das neue Gebäude und die Ausstellung. Ministerialdirektor Wolfgang Reimer vom Ministerium Ländlicher Raum und Verbraucherschutz sagte bei einer Feierstunde am 8. Mai 2012: Es ist eindrucksvoll, was hier im Pfrunger-Burgweiler Ried innerhalb von zwei Jahrzehnten mit viel Engagement geschehen ist. Das Naturschutzzentrum leistet hier seit Jahren eine hervorragende Arbeit. Seinen Erfolg verdankt es nicht zuletzt seinen Partnern und der festen Verankerung in der Region. Mit dem Neubau erfährt das Zentrum eine wichtige Aufwertung, und die Region erhält einen weiteren Besuchermagneten. Naturschutzzentren sind ein ideales Instrument für einen Naturschutz, so wie wir ihn wollen: einen Naturschutz, der den Kontakt sucht, das Gespräch führt und konsensorientiert ist. Naturschutzzentren – ob von der öffentlichen Hand betrieben oder wie hier von einem Verband – sollten daher in der derzeit weiter entwickelten neuen Naturschutzstrategie des Landes fest verankert werden. Was mir besonders wichtig ist, wird hier im Ried im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes vorbildlich umgesetzt, wie die Beispiele Bohlenwege und Beobachtungsplattform zeigen: Über das Naturerleben wird das Gefühl für die Verantwortung geweckt, die jeder hat, der sich in der Natur bewegt.

langgestrecktes Gebäude mit Holzverkleidung

Die reinen Baukosten von 1,56 Millionen Euro (ohne Ausstellung) werden maßgeblich durch Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II des Bundes in Höhe von 900.000,- Euro gedeckt, die dank der vorausschauenden Erarbeitung einer Projektstudie kurzfristig durch den Schwäbischen Heimatbund und die Gemeinde gesichert werden konnten. 225.000 Euro steuert Wilhelmsdorf aus Eigenmitteln bei, weitere 250.000 Euro kommen aus dem Ausgleichstock des Landes Baden-Württemberg und wurden durch die Gemeinde Wilhelmsdorf beantragt. Gut 185.000 Euro tragen der Schwäbische Heimatbund und die Schmidmaier-Rube-Stiftung des Vereins, die die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Naturschutzzentrums finanziert hat.

Ausstellung zum Mitmachen

Bei der Gestaltung der neuen Ausstellung legten die Experten des renommierten Büros Kessler aus Mülheim an der Ruhr, unterstützt vom einem ehrenamtlichen Ausschuss unter der Leitung von Ulrich Schmid, Naturkundemuseum Stuttgart, besonderen Wert auf interaktive Angebote, die gerade Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene ansprechen. Überall gibt es etwas zum Ausprobieren, Raten, Fühlen, Bewegen oder Anschauen.

Ausstellungsräume
Blick in die Ausstellung über die Geschichte und Geologie des Pfrunger-Burgweiler Rieds (Aufnahme: Reinhard Wolf)

Für die „Forschungsinseln“ konnte der Schwäbische Heimatbund zahlreiche Unterstützer finden: die Hofbräu Umweltstiftung, die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg, die Stiftung Naturschutz Pfrunger Burgweiler Ried, der Sparkassenverband Baden-Württemberg, die EnBW, die OEW sowie Spenden von Mitgliedern und Eigenmittel des Schwäbischen Heimatbunds decken die rund 300.000 Euro, die die Ausstellung gekostet hat. Maskottchen und Sympathieträgerin der Ausstellung ist die Sumpfschildkröte Emy, die immer wieder auf den erläuternden Themensegeln und anderen Medien auftaucht und zum Mitmachen auffordert.

Höhepunkt einer Erfolgsgeschichte

Das neue Ausstellungs- und Seminargebäude ist der vorläufige Höhepunkt der seit Jahrzehnten andauernden, guten und engen Zusammenarbeit zwischen dem Schwäbischen Heimatbund und der Gemeinde Wilhelmsdorf, in die die umliegenden Gemeinden Ostrach, Riedhausen und Königseggwald und die Raumschaft mit einbezogen sind. Diese Gemeinden sowie die Landkreise Ravensburg und Sigmaringen unterstützen das Naturschutzzentrum seit jeher sowohl politisch als auch finanziell. So wurde 2003 die Nutzungsüberlassung in ein Erbbaurecht für 66 Jahre umgewandelt. Ausdruck der Anerkennung ist auch die großzügige jährliche finanzielle Unterstützung des Naturschutzzentrums durch die Gemeinden und Kreise.

Das seit 2002 laufende Naturschutzgroßprojekt des Bundes im Pfrunger-Burgweiler Ried kam ebenfalls auf Initiative dieser Partner zustande und stärkt durch Grunderwerb und Wiedervernässung einerseits die naturschutzfachliche Bedeutung des Rieds für seltene Tiere und Pflanzen sowie den Klimaschutz und steigert andererseits durch eine attraktive Besucherführung und Aussichtsplattformen die Attraktivität der einzigartigen Landschaft für die Bevölkerung und Besucher gleichermaßen.

Das Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf hat einen eigenen Internetauftritt unter www.pfrunger-burgweiler-ried.de. Dort sind alle Informationen zu finden über dessen vielfältige Aufgaben, das Jahresprogramm und die Öffnungszeiten sowie alles Wichtige über die Möglichkeiten, das Ried bei ausgedehnten Wanderungen zu genießen.

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