sehr großes Fachwerkhaus

Position: Liegenschaftsmanagement und Stadtentwicklung als Einheit

Ein Positionspapier der Regionalgruppe Nürtingen des Schwäbischen Heimatbundes
Stand: 6. Mai 2025

Zusammenfassung: Die aktuelle Debatte um den Verkauf von Liegenschaften der Stadt Nürtingen ist im Rahmen einer Stadtentwicklung zu führen. Die Perspektive einer kurzfristigen Haushaltssanierung ist zu kurz gegriffen. Zwischen bebauten und unbebauten Liegenschaften ist zu unterscheiden.

Zentrales Ziel der Stadtentwicklung ist es, die Attraktivität des Stadtzentrums und umliegender Stadtquartiere zu steigern. Wichtig ist dabei neben guten Einzelhandels- und Dienstleistungsangeboten auch die Bereitstellung von Serviceangeboten und von Events, die die Innenstadt lebendig und für die unterschiedlichsten Zielgruppen attraktiv machen sollen. Ein wichtiger Anlass zum Besuch der Innenstadt sind darüber hinaus auch entsprechende Angebote an Galerien und Museen. Hierfür ist eine Gesamtstrategie zu entwickeln, an der alle lokalen Händler, Gewerbetreibende, andere Organisationen, insbesondere diejenigen, die kulturell aktiv sind sowie die Bürger beteiligt werden. Wobei primär die bereits vorhandenen Strukturen und Bauwerke, vor allem die mit historischem Hintergrund und stadtbildprägendem Charakter einzubinden sind.  Insbesondere das kulturelle Erbe, das diese historischen Baudenkmäler darstellen, ist ein wichtiger Aspekt um die bauliche Entwicklung der Vergangenheit an künftige Generationen weiterzugeben.

Wandkonstruktion aus Holz
Salemer Pfleghof Nürtingen, Stützenkonstruktion mit Verblattung (Foto: Uwe Beck)

Sie sind außerdem Werbeträger mit Alleinstellungsmerkmal und ein Anziehungspunkt. Diese gilt es als Ausstellungs-, Bildungs- und Begegnungszentren weiterzuentwickeln. Sie dienen unterschiedlichsten Besuchern als Treffpunkt und Veranstaltungsort, bieten Raum für wechselnde Ausstellungen im Sinne einer beständigen, breitgefächerten Kulturarbeit und weisen Räume auf für Vereins- und Gruppentreffen.

Grüne Inseln in der Innenstadt mit Sitz- und Einkehrmöglichkeiten laden zum Verweilen nach dem Shoppen ein. Sie sind ein wichtiger Faktor zur Stärkung der Attraktivität aber auch, und das ist besonders wichtig, zur Klimatisierung der Innenstadt und leisten einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz.

Der für Nürtingen erstellte Rahmenplan der Innenentwicklung mit Handlungsleitfaden Wohnraumentwicklung Nürtingen im März 2023 ist im Grunde der richtige Ansatz, da der gesamte Stadtbereich betrachtet wird, allerdings befasst er sich ausschließlich mit der Wohnraumentwicklung. Diese einseitige Betrachtungsweise läuft Gefahr, dass sich Nürtingen zu einer Schlafstadt entwickelt. Dies kann nicht das Anliegen von Gemeinderat und Bevölkerung sein. Vielmehr lebt die Attraktivität einer Stadt von den oben genannten Faktoren.

In diesem Sinne ist eine Zusammenstellung der historischen Bausubstanz erforderlich. Der Schwerpunkt ist die Ausweisung der historisch wertvollen sowie derjenigen mit stadtbildprägendem Charakter. Für diese ist, wie oben beschrieben, ein Nutzungskonzept zu erstellen.

sehr großer offener Dachstuhl
Nürtingen, Äußeres Werkhaus, Dachstuhl (Foto: Uwe Beck)

Für das Nutzungskonzept der denkmalgeschützten Gebäude ist die Stadtentwicklung maßgebend. Hierfür muss die Stadt mit den oben genannten Beteiligten eine Zukunftsvision erstellen wie sich die Stadt entwickeln sollte. Darauf basierend ist abzuleiten welche Einrichtungen fehlen, wo diese angesiedelt werden können und welche Gebäude letztendlich hierzu geeignet sind und ertüchtigt werden können. Neubauten sind aus vielerlei Gründen erst in zweiter Linie zu planen.

Diese Entwicklung gibt es nicht umsonst, weshalb eine finanzielle Planung erforderlich ist. Basierend auf dieser kann eine Prioritätenliste der Einrichtungen erstellt werden. Je nach Haushaltszustand der Stadt kann dann sukzessive die Umsetzung der Planung erfolgen.

Damit gelingt eine perspektivische Stadtplanung aus einem Guss, die die Belange der Stadt, der Bürger und der Gewerbetreibenden berücksichtigt.

In diesem Sinne sind z. B. folgende Gebäude exemplarisch zu betrachten:

  • Salemer Hof
  • Äußeres Werkhaus in der Metzinger Straße
  • Strohstraße 15 (ältestes Haus Nürtingens) das mit dem Blockturm das einzige noch verbliebene mittelalterliche Ensemble in der Stadt bildet
  • Hofgut Tachenhausen (Stadthistorisches Juwel, Eigentum der Stadt  seit 1526).
Landwirtschaftliches Anwesen in hügeliger Landschaft
Hofgut Tachenhausen, Nürtingen (Foto: Uwe Beck)

Diese Objekte liegen, mit Ausnahme des Hofguts Tachenhausen, in bzw. unmittelbar an der historischen Altstadt und sind in ihrer Verschiedenheit einzeln zu betrachten. Der Umgang mit ihnen erfordert Ideen und verwaltungstechnischen Aufwand. 

Beispielsweise wurden zum Äußeren Werkhaus mit seiner einmaligen Konstruktion, in einer von der Stadt initiierten Bürgerbeteiligung im Jahre 2018 umfängliche Ideen entwickelt. Es wäre angebracht, diese in die weitere Betrachtung einzubeziehen.

Die Regionalgruppe Nürtingen des Schwäbischen Heimatbundes sieht einen Verkauf bzw. Umwidmung dieser historischen Gebäude äußerst kritisch und plädiert zunächst für einen Verbleib im Besitz der Stadt. Ein Verkauf liefert zwar einen einmaligen finanziellen Beitrag, eine entsprechende Nutzung liefert aber einen kontinuierlichen Beitrag und das denkmalgeschützte, historische Bauwerk bliebe der Stadt erhalten.

Die Nutzungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten, sind im Gemeinderat, Verwaltung und im Rahmen des existierenden Beteiligungskompasses mit den Bürgern zu diskutieren. Langfristige Tragfähigkeit geht vor Schnelligkeit.

gez.: Prof. Dr. Uwe Beck und Prof. Dr. Eberhard Roos
Vorsitzende der Regionalgruppe Nürtingen im Schwäbischen Heimatbund

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