zwei Medaillen vor einer Landschaft

Gustav Schöck und Wilfried Setzler sind Träger der Heimatmedaille 2020

Gleich zwei Persönlichkeiten wurde die Heimatmedaille Baden-Württemberg 2020 überreicht – unter anderem auch für ihr Engagement im und für den Schwäbischen Heimatbund: der Volkskundler Dr. Gustav Schöck aus Stuttgart und der Tübinger Landeshistoriker Prof. Dr. Wilfried Setzler. Der Schwäbische Heimatbund freut sich mit den Geehrten und gratuliert ihnen – in alphabetischer Reihung – mit diesen zwei in der „Schwäbischen Heimat“ veröffentlichten Würdigungen.

Heimatmedaille 2020 an Dr. Gustav Schöck

Gustav Schöck ist bestimmt nicht böse, wenn man schreibt, er erhalte die Heimatmedaille des Landes 2020 für sein Lebenswerk. Seit 1978 ist er SHB-Mitglied, 21 Jahre hatte er einen Sitz in dessen Beirat – lange Zeit in seiner Funktion als Leiter der Landesstelle für Volkskunde am Landesmuseum Württemberg.

Mann vor einem Gebüsch
Ein „wandelndes Lexikon“ der Volks- und Landeskunde: Dr. Gustav Schöck (Foto privat)

In über 40 Jahren hat der leidenschaftliche Kulturwissenschaftler, Volkskundler, Historiker und Germanist zahlreiche Studienexkursionen mit großem Engagement geleitet. Mit ihren volkskundlichen Fragestellungen waren diese Fahrten einzigartig und fanden großes Interesse nicht nur unter den Vereinsmitgliedern. Die gerühmten Studienfahrten widmeten sich etwa den »Sagen und ihren Orten« oder den »Brunnen und Quellen der Schwäbischen Alb«. Gustav Schöck war der Kontakt zu einem breiten Publikum wichtig. Volkskunde trage diesen Namen deshalb, meinte er einmal, weil sie unter das Volk gehört und nicht in den Bücherschrank. Landesgeschichte ist für ihn eng verknüpft mit dem »wirklichen« Leben in den Dörfern und Städten mit ihrer Vielfalt an Sitten und Gebräuchen, Volksglauben sowie materiellem wie immateriellem Kulturerbe jeglicher Art.

Er gilt als wandelndes Lexikon. Niemandem blieb er jemals eine Antwort schuldig. Jeder fand in ihm einen kundigen Gesprächspartner. Auch nach Feierabend und an den Wochenenden stand er im Rundfunk oder bei Tagungen, in Geschichtsvereinen, vor den Landfrauen oder in Volkshochschulen Rede und Antwort, hielt Vorträge und reicherte zugleich sein eigenes Wissen an. Zu den Vortragstiteln zählten etwa »Wieviel Heimat braucht der Mensch?« oder »Hexen, Hexenglaube, Hexenverfolgung – mehr als ein abergläubisches Phänomen«. Sein Interesse galt dem Nationalgetränk Most ebenso wie der Hauslandschaft.

Gustav Schöck hat sich über viele Jahrzehnte hinweg mit hohem persönlichem Engagement und zu großen Teilen ehrenamtlich für die Volkskunde und die Alltagskultur und somit nachhaltig für die Ziele des Schwäbischen Heimatbundes eingesetzt und damit die »Heimat Baden-Württemberg« in einem großen Facettenbild anschaulich gemacht. Sein Wissensfundus und die Fähigkeit, Sachverhalte verständlich, anschaulich und stets kurzweilig darzustellen haben auf den Verein sowie die gesamte Gesellschaft abgefärbt. Er hat sich damit um unsere Heimat hoch verdient gemacht. Der Schwäbische Heimatbund freut sich, dass seinem Vorschlag gefolgt wurde, Gustav Schöck mit der Heimatmedaille Baden-Württemberg 2020 auszuzeichnen. (Bernd Langner)

Heimatmedaille 2020 an Prof. Dr. Wilfried Setzler

Diese Ehrung ist mehr als verdient: Wilfried Setzler hat die Heimatmedaille des Landes Baden-Württemberg für sein Lebenswerk erhalten.

Mann mit erhobenen Armen
Geschichte vermitteln mit Leib und Seele: Prof. Dr. Wilfried Setzler auf einer seiner Exkursionen (Foto privat).

Nach seinem Studium der Geschichte, Germanistik, Volkskunde, Kunstgeschichte, Philosophie und Politologie arbeitete Wilfried Setzler zunächst beim Archiv der Universi­tät Tübingen und als Assistent von Hansmartin Decker-Hauff am Insti­tut für Geschichtliche Landeskunde. Schon in der Wahl der Studienfächer zeigte sich die ganze Bandbreite sei­nes Interesses: wie selbstverständlich verknüpfte er auch später in seiner beruflichen und wissenschaftlichen Laufbahn die historische Forschung mit der Musik, der Literatur, der Kunst-, Architektur- und der Sozialgeschichte, eigentlich mit dem gesamten Spektrum der europäi­schen Kulturgeschichte.

1980 übernahm er die Leitung des Kulturamts der Stadt Tübingen und führte es bis 2008. Die heutige Vielfalt der Tübinger Kulturszene verdankt sich nicht zuletzt seinem Verständnis von Kulturpolitik, aktive und passive Teilhabe an Kultur zu ermöglichen, Bewährtes zu pflegen und Neues zu fördern. Dazu gehörte insbesondere die Heimat- und Landesgeschichte. Nur zwei Beispiele: Auf seine Ini­tiative hin widmete man sich in Tübingen früher als andernorts dem, was heute als Erinnerungskultur ein Begriff ist: und seiner Initiative verdankt sich letztlich auch die Ein­richtung des Tübinger Stadtmuse­ums. Der Universität blieb Wilfried Setzler als Lehrbeauftragter und seit 1995 Honorarprofessor eng verbun­den. In seinen Seminaren am Insti­tut für Geschichtliche Landeskunde unterrichtete er schwerpunktmäßig Themen der Erinnerungskultur und auf zahlreichen Exkursionen brachte er Studierenden die (Heimat-)Geschichte nahe. Auch als Autor mehrerer literatur- und heimatkund­licher Bücher fand er eine große und begeisterte Leserschaft.

Überhaupt: die lebendige, anschauliche Vermittlung von histori­schem und kulturellem Wissen ist eines der großen Talente von Wilfried Setzler. Ungezählte Menschen jegli­chen Alters und jeden Bildungshin­tergrunds ließen sich von ihm in die Kultur und Geschichte der Heimat- und anderer Regionen einführen, bei Vorträgen, Führungen, Exkursionen oder auch als populärer »Fernsehpro­fessor« in der »Landesschau« zum Thema »50 Jahre Baden-Württem­berg«.

Von dieser Gabe profitierte ins­besondere der Schwäbische Heimat­bund. Im August 1975 leitete Wilfried Setzler seine erste Fahrt: Sie führte nach Isny, Wangen und das Untere Argental. Seitdem ist er dem SHB in vielfältiger Weise verbunden: als Mit­glied im Vorstand von 1980 bis 2018 und langjähriger Vorsitzender im Veranstaltungsausschuss, als Leiter zahlloser Reisen und Exkursionen, seit 1977 als Autor und nicht nur lang­jähriges Mitglied im Redaktionsaus­schuss der »Schwäbischen Heimat«, sondern darin verantwortlich für die Buchbesprechungen, als Tagungslei­ter und Referent, als Ideengeber.

Ohne ihn gäbe es vor allem die erfolgreiche Reiseaktivität des Ver­eins nicht in ihrer heutigen Form. Unter seiner Leitung fanden eine Vielzahl von literarischen, geschicht­lichen und landeskundlichen Exkur­sionen statt, nicht nur in Deutsch­land, sondern auch in Spanien, Italien oder der Schweiz. Er ist ein Vermittler im besten Sinne: Beredt und mit ansteckender Begeisterung, von profundem Wissen und mit einer immer zuvorkommenden Art gegen­über jedermann hat er ungezählte Interessierte an Geschichte und Kul­tur Baden-Württembergs wie der europäischen Nachbarländer teilha­ben lassen. »Der Setzler woiß älles ond isch aber au nah bei de Leut«, habe ich mal jemanden sagen hören, und genau mit diesen Eigenschaften verkörpert er aufs trefflichste den Anspruch des SHB. Aufgrund seiner Verdienste um den Verein ist Profes­sor Wilfried Setzler seit 2008 auch Ehren­mitglied des SHB. Der Schwäbische Heimatbund freut sich sehr und gra­tuliert von Herzen! (Dagmar Waizenegger)

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