Titel eines Buches

Thomas Faltin: Schwäbische Alb damals und heute. Wanderungen durch die Zeit.

100 Bildpaare – 100 Ausflüge

Gmeiner Verlag, Meßkirch 2025. 224 Seiten mit zahlr. Abb. Hardcover, 28 €. ISBN 978-3-7801-4013-5

Titel eines Buches

Schon auf den ersten Blick macht der Umschlag des neuen Alb-Buches von Thomas Faltin nicht nur neugierig, sondern liefert eine Menge Informationen. Der Stich links zeigt Schloss (oder Burg) Hohenrechberg auf dem wenig bewachsenen Bergsporn mit dem überragenden, becherförmigen Hohenstaufen links hinten. Im Vordergrund kommt uns eine Schafherde mit Hirte und Hund entgegen; deutlich erkennbar sind die Stützmauern und die steinerne Zugangsbrücke. Das aktuelle Foto rechts, aufgenommen mit einer Drohne, präsentiert uns die immer noch beeindruckende Anlage, dessen westliche Gebäude freilich mittlerweile Ruinen sind. Im Vorhof deuten Sonnenschirme auf eine Gaststätte, die Aussichtsplattform mit Lichtaugen lässt auf eine Nutzung der darunter liegenden Räume schließen. Am auffallendsten ist aber die starke Bewaldung der ganzen Umgebung; vom Kreuzweg, der zur Wallfahrtskirche hinaufführt, ist die Ruine wegen der hohen Bäume heute nicht mehr sichtbar.

Im Buch sind auf den Seiten 42/43 beide Motive noch einmal abgebildet, im Querformat, so dass südlich der Ort Rechberg zu sehen ist, um 1836 wenig mehr als ein Gehöft, heute ein Stadtteil von Schwäbisch Gmünd. Ein kurzer Text informiert darüber, dass Hohenrechberg am Dreikönigstag 1865 durch einen vom Blitzschlag ausgelösten Brand zerstört wurde. Dennoch kann der Autor einen Besuch dort oben uneingeschränkt empfehlen und konditionsstarken Wanderern die knapp 26 Kilometer lange Drei-Kaiserberge-Tour – um »sich selbst ein Urteil [zu] bilden, welcher der schönste ist«.

Dieses 14. von 100 Bildpaaren und Ausflugstipps soll als ausführlicher beschriebenes Beispiel pars pro tot genügen, auch wenn man gern viele weitere nennen möchte: entrückte, einsame Landschaftsabschnitte wie das Große Lautertal oder versteckte (wenn auch gern besuchte) Kleinode wie die Reiterleskapelle, wo die Zeit stehengeblieben scheint; markante Aussichtspunkte wie der Hornberg oder der berühmte Hegaublick bei Engen mit fünf Vulkanen oder der Knopfmacherfelsen, von dem aus der Blick übers Obere Donautal bis Kloster Beuron in der Ferne gleitet.

Wie einerseits der Wald, andererseits die Besiedlung sich über die Jahrzehnte ausgedehnt haben, zeigen viele Ansichten – sehr anschaulich die drei von Heubach unterm Rosenstein aus den Jahren 1860, 1958 und heute. Manchmal hat sich viel verändert: Statt des Gasthofs Post findet sich heute im Zentrum von Owen ein Parkplatz, in Geislingen/Steige füllt die Bebauung inzwischen alle fünf Täler, und der aktuelle Blick auf das Gestüt Marbach offenbart die eine Menge Publikum anziehende Hengstparade, während Schloss Grafeneck von der Ferne noch immer idyllisch wirkt – von der Tötungsanstalt der Nationalsozialisten und der heutigen Gedenkstätte für die über 10.000 Opfer muss man im Begleittext erfahren.

Thomas Faltin ist einer der besten  Kenner der Alb, ein begeisterter Wanderer und als Fotograf wie als Journalist für Klima- und Umweltthemen mit kritischem Blick unterwegs. Probleme will er zwar explizit nicht ausblenden, doch ist es ihm wichtig, »die anmutige, harmonische, friedfertige und prachtvolle Seite der Schwäbischen Alb zu zeigen, denn erst aus solcher Schönheit beziehen wir die Kraft, weiter gegen die negativen Entwicklungen zu kämpfen«.

Seine Faszination, die Dimension der Zeit mittels historischer Ansichten – Gemälden aus dem 19., Fotografien aus dem 20. Jahrhundert – im Vergleich mit aktuellen Aufnahmen von möglichst derselben Stelle aus zu vermitteln, hat zu dieser genialen Buchidee geführt. Das Damals mitzudenken, also eine kleine Zeitreise zu unternehmen, wenn man über die Schwäbische Alb wandert oder durch Städte und Dörfer streift, kommt sicher vielen entgegen. Zumal Thomas Faltin die wichtigsten Informationen – eine Landkarte mit allen Standorten, Wander- und Einkehrhinweise – mitliefert. Der Band ist eine perfekte Fortsetzung seines Vorgängerbuches Wo die Alb am schönsten ist über 10 x 10 sehenswerte Orte auf der Schwäbischen Alb. Wer mit diesen beiden Werken kein Fan der Alb wird, dem/der ist nicht zu helfen.

Irene Ferchl

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