Hansjörg Küster ist Professor für Pflanzenökologie am Institut für Geobotanik der Leibniz Universität Hannover und Präsident des Niedersächsischen Heimatbundes. Er ist Autor zahlreicher Bücher, unter anderem der beiden Bestseller »Geschichte des Waldes« und »Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa«. Soeben ist sein neuestes Buch erschienen, »Flora. Die ganze Welt der Pflanzen«. Viel Medienecho erhielt zuletzt sein großer Beitrag in der FAZ vom 15.3. »Der blonde Weizen der Ukraine« – über die drohende weltweite Hungersnot, wenn nicht rechtzeitig ausgesät wird.
Ein Wort vorab zu Ihrem wissenschaftlichen Spezialgebiet, der Geobotanik?
Geobotanik ist immer Botanik plus Geologie. Landschaft interessiert mich sehr, weil dort Natur, Gestaltung und Ideen der Menschen zusammenkommen.
Wo sehen Sie im Vergleich von Niedersächsischem Heimatbund und SHB Parallelen oder Unterschiede?
Die Heimatbünde sind ja alle etwas anders aufgestellt. Bei uns in Niedersachsen ist es z.B. so, dass wir keine persönlichen Mitgliedschaften haben. Unsere Mitglieder sind alles Vereine. Wenn man deren Mitglieder alle zusammenzählt, kommen wir allerdings auf eine sehr hohe Mitgliederzahl. Ich bewundere sehr die Schwäbische Heimat. Das ist sicher die beste Zeitschrift dieser Art, die wir in Deutschland haben. So etwas bekommen wir nicht hin, unsere Mitgliederstruktur passt nicht für ein Abomodell. Wir können auch keine Reisen machen. Aber wir hatten z.B. ein großes Alleenprojekt, mit Geldern von der Umweltlotterie. Und wir sind politisch auf sehr besondere Weise aktiv.
Wie bringt sich der Niedersächsische Heimatbund politisch ein?
Wir veranstalten den Niedersachsentag. Das ist eine große und wichtige Veranstaltung im Land, mit bis zu 500 Teilnehmern, plus Übertragung ins Fernsehen. Seit über 50 Jahren wird hier von uns dem Ministerpräsidenten die Rote Mappe übergeben. Die Rote Mappe enthält Eingaben von einzelnen Bürgern oder Gruppen. Unser Verband ist stark in Fachgruppen organisiert, für Sprachen, Kulturlandschaften, Umweltschutz, Denkmalschutz usw. Die Fachgruppen bereiten die Eingaben für die Rote Mappe auf, danach geht sie weiter an unser Präsidium. Die fertige Rote Mappe wird dann dem Land übergeben. Das Land erarbeitet seine Antworten. Am Niedersachsentag überreichen sich beide Seiten die Mappen: Rote Mappe, Weiße Mappe. Natürlich gibt es strenge Sperrfristen, damit vorher nichts an die Öffentlichkeit dringt. Das alles wird von allen Beteiligten sehr ernst genommen. Wir erhalten vom Land institutionelle Förderung, um die Geschäftsstelle zu betreiben und um die Rote Mappe vorzubereiten – was uns immer ca. ein halbes Jahr beschäftigt.
Dieses Jahr leiten Sie zwei Exkursionen des Schwäbischen Heimatbundes. Worauf freuen Sie sich besonders?
Bei der dreitägigen Tour durch den Südosten des Hochschwarzwaldes geht es vor allem um die Hochstraße, die im Mittelalter als Fernstraße vom Kaiserstuhl an die untere Aare führte. An ihr entlang kann man faszinierend verfolgen, wie alles zusammenhängt: Natur und Kultur, geologischer Untergrund und Vegetation, Bauwerke, Zeugnisse der Technik-, Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte, Dorf und Stadt. Bei der zweiten Tour im August, die der Geschäftsführer des SHB Bernd Langner und ich gemeinsam leiten, geht es dann für sechs Tage in den äußersten Nordwesten Deutschlands. Für »Spurensucher« aus dem Südwesten ist eine Reise in den Norden ein riesiger Gewinn, weil sie ein Füllhorn an interessanten Landschaften, Haus- und Hofformen und auch Lebensformen vor uns ausschüttet.
Interview: Hanne Knickmann im März 2022
Weiterführende Links: Niedersächsischer Heimatbund | Publikationen von Hansjörg Küster im Verlag C.H. Beck
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