Das SHB-Naturschutzgebiet Irrenberg
Die Aktion Irrenberg
Die traditionelle Landschaftspflege im »Amphitheater« des Irrenbergs bei Streichen und Zillhausen (Teilorte von Balingen) auf der Westalb ist jedes Mal und bei jedem Wetter ein Erlebnis. Sie findet in der Regel am letzten Samstag vor den Sommerferien statt. Treffpunkt ist zwischen 8:00 und 9:00 am unteren Hang des Naturschutzgebietes (von Streichen her).
Anfahrtsskizzen gibt es hier zum Herunterladen oder bei der Geschäftsstelle.
Landwirtschaftliches Gerät, wie hölzerne Rechen und dreizinkige Gabeln, warten auf die Erntehelfer. Zur gemeinsamen Arbeit gehören auch ein kräftiges Vesper und ausreichend Getränke!
Genauere Informationen über frühere Aktionen finden Sie auf diesen Seiten. Auskunft erteilt auch die Geschäftsstelle, wo Sie sich vorzugsweise bitte anmelden.
Die nächste Pflegeaktion findet in bewährter Form am Samstag, den 26.7.2025, statt. Wir benötigen dringend Heferinnen und Helfer! Gerne informiert Sie unsere Geschäftsstelle.
Geschichte der Aktion
Anfang der 1970er-Jahre schien das Schicksal der alten Holzwiesen am Irrenberg bei Balingen auf der Westalb besiegelt: Das Interesse an einer Nutzung der steilen, für landwirtschaftliche Maschinen schwer zugänglichen Irrenberg-Wiesen war von Jahr zu Jahr zurückgegangen, sie blieben ungemäht und verfilzten, Holzgewächse drängten von den Rändern in das Gebiet, die traditionelle Vielfalt an seltenen Blütenpflanzen drohte zu verschwinden.
In dieser Situation hatte der damalige Kreisbeauftragte für Naturschutz im Zollernalbkreis, Oberforstrat Stoffler, im Frühjahr 1973 die Idee, die traditionellen Mähder am Irrenberg, dessen Naturschutzflächen mit ihren bedeutenden Pflanzenstandorten zu einem großen Teil im Besitz des Schwäbischen Heimatbunds sind, einmal jährlich in einer großen Gemeinschaftsaktion von Naturschutzverbänden und örtlichen Vereinen zu pflegen, um ihren schutzwürdigen Zustand zu erhalten.
Die parkartigen Wiesen am Steilhang des obersten Roschbachtales sind seit 1943 Naturschutzgebiet. Im Eigentum des SHB sind sie seit 1938. Der Umfang der SHB-Flächen beträgt derzeit über 16 Hektar. Wanderern ist das Verlassen der festen Wege untersagt. Die Jagdausübung bleibt unberührt. Die Mahd nach dem 15. Juli ist erlaubt.
Die 1973 ins Leben gerufene Aktion Irrenberg ist nun schon selbst Tradition geworden: Alljährlich kommen fast hundert ehrenamtliche Helferinnen und Helfer Ende Juli zusammen, um das Mähgut abzuräumen und auf großen Plastikbahnen vom Steilhang auf den Weg im unteren Teil des Schutzgebietes zu schlitteln. Eine mitunter anstrengende, aber immer auch sehr gesellige und vergnügliche Arbeit.
Das Naturschutzgebiet
Ohne die jährliche Aktion Irrenberg wäre die Holzwiese zu Wald geworden. Lange Jahre wurden die Wiesen nur unregelmäßig von örtlichen Landwirten gemäht. Erst seit 1973 wird das Gebiet umfassend gepflegt und das Heu von ehrenamtlichen Helfern beseitigt. Nur so kann das althergebrachte Bild der Kalkmagerrasen und der Holzwiesen erhalten werden.
Mitte bis Ende Juli mähen freiwillige Helfer einen Teil der Wiesen im Wechsel mit Motormähern. Das Abräumen des Mähguts erfolgt kurze Zeit später im Rahmen der Aktion Irrenberg, an der sich zahlreiche Mitglieder verschiedener Verbände und Vereine beteiligen. Auch der SHB führt möglichst jedes Jahr von Stuttgart eine Omnibusfahrt durch. Es ist zu hoffen, dass auch in Zukunft am Irrenberg das geleistet werden kann, was die örtlichen Bauern früher taten: Mähen, Abräumen und gelegentlich Holzen. Das ist die Voraussetzung für die Erhaltung eines schönen Fleckchens Alblandschaft.
Das Naturschutzgebiet Irrenberg ist neben dem Pfrunger-Burgweiler Ried der älteste Schwerpunkt der Naturschutzaktivitäten des Schwäbischen Heimatbundes. Sein Schutz wurde bereits vor über 60 Jahren in die Wege geleitet. Der Irrenberg (921m ü.NN) liegt unmittelbar am Albtrauf östlich von Balingen und bildet zusammen mit dem Hundsrücken (981m ü.NN) einen langgestreckten Vorsprung. Die beiden Erhebungen bilden einen nach Süden offenen Bogen aus, der einem Amphitheater ähnelt und dessen Scheitelpunkt ein Sattel bildet, welcher die Berge verbindet.
Die Wälder dieses Gebietes weichen wegen der Höhenlage von dem üblichen Bild der Vegetation der Schwäbischen Alb ziemlich ab. Die Weißtanne herrscht auf den frischen Tonböden bei feuchtkühlen Klimabedingungen vor. Schluchten, Hangkanten, Felsköpfe, Rutschungen und Schutthalden verschiedenster Ausprägung, aber auch zahlreiche Quellen und Bäche sorgen für eine Vielfalt an Sonderstandorten und den besonderen Artenreichtum der Wälder entlang des Albtraufs.
Für das heutige Vegetationsbild ist die Geschichte der Nutzung der Landschaft von entscheidender Bedeutung. Schlechte Wege und erhebliche Höhenunterschiede standen einer intensiven Landbewirtschaftung seit jeher entgegen. Vor der Nutzung als Mähwiesen wurde das Gebiet wohl in Form einer Art Almwirtschaft beweidet. Da die mageren Wiesen nie gedüngt werden konnten, sind sie quasi im Urzustand der Kulturlandschaft erhalten geblieben. Während die ebene Hochfläche gut zu bewirtschaften und daher weitgehend baumfrei ist, stehen am Abhang des Irrenbergs zerstreut Einzelbäume, Gebüsche und Gehölzgruppen in malerischer Verteilung und mit vollkommener Entwicklung ihres Astwerks. Die Gehölze, die einer zeitgemäßen Landwirtschaft als Hindernisse entgegenstehen und daher an vielen vergleichbaren Stellen schon vor langem gefällt worden sind, wurden in alten Zeiten eifrig genutzt: Sie dienten den Handwerkern als Material für Speichen von Wagenrädern, Hölzer von Leiterwägen, Sprossen für Leitern usw.
Pflanzenwelt
Eine besondere, von den Albheiden abweichende Flora gibt noch heute Hinweise auf die frühere Nutzung als ‚Holzwiese‘, denn die Kalkmagerrasen der ungedüngten Mähder unterscheiden sich stark von den gewöhnlichen Öhmdwiesen. Charakteristisch ist vor allem der hohe Anteil der Kleearten unter den Blütenpflanzen in den verschiedensten Farben. Gelb etwa der Hufeisenklee, der Wund- und der Hornklee, weiß der Bergklee und rot die Esparse. Hinzu kommen im Frühjahr die blaue Küchenschelle und die Kleine Traubenhyazinthe, später im Jahr die häufige Teufelskralle. Eine große Anzahl von Orchideen bereichert das bunte Bild der Wiesen ebenso wie die Korbblütler. An den Rändern der Gebüsche finden sich zum Beispiel das Weidenblättrige Ochsenauge und das Blaugrüne Labkraut sowie als Besonderheit das der alpinen Flora angehörige Berghähnlein. An Gräsern herrscht auf den Mähdern die Aufrechte Trespe vor. Das Zittergras, das Knollige Mädesüß und die Knollige Kratzdistel kennzeichnen die zur Vernässung neigenden Standorte. Am Rand von Mergelrutschen und lichten Waldsäumen kommt der Rippensame vor – eine der bemerkenswertesten Hochstauden des Gebiets.
An Bäumen herrschen Buche, Esche, Bergahorn und Eiche vor. In der Strauchschicht sind Haselnuss und Mehlbeere reichlich vorhanden. Hinzu kommen u.a. Feldahorn, Kreuzdorn und Heckenrose. Der Wacholder fehlt fast völlig, ebenso die Schlehe: es handelt sich eben nicht um ehemalige Weiden, sondern um Mähder und Holzwiesen.
Sonderpublikation
Über die Schutzgebiete des Schwäbischen Heimatbundes gibt es ein Sonderheft der Schwäbischen Heimat. (1991). Es ist bei der Geschäftsstelle zum Preis von 4,- Euro erhältlich.
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