Thomas Knubben, 1960 in Rottweil geboren, lebt in Ravensburg und lehrt in Ludwigsburg an der Pädagogischen Hochschule, wo er seit 2003 Professor für Kulturwissenschaft und Kulturmanagement ist. Seinen ersten Beitrag für die Schwäbische Heimat schrieb er vor rund 30 Jahren als junger Kulturreferent. Später wurde er Mitglied des SHB, aktuell ist er Mitglied im Redaktionsbeirat der Schwäbischen Heimat. 2019 erschien im Tübinger Verlag Klöpfer, Narr eine Neuauflage seines Buches »Hölderlin. Eine Winterreise«: Hölderlin war im Winter 1801/1802 nach Bordeaux gereist. Knubben folgte der Route zu Fuß. Von Nürtingen aus wanderte er über die Alb, über den Schwarzwald, über Straßburg, Lyon, die Auvergne nach Bordeaux. Im Winter und allein.
2021 haben Sie den Relaunch der Schwäbischen Heimat ein Semester lang zu einem Projekt für Ihre Studierenden gemacht. Was war die Idee, was das Ergebnis?
Die Idee entstand letztlich vor dem Hintergrund meiner Mitarbeit im Redaktionsbeirat. Die ganz grundsätzliche Frage war: Wie kann man der Schwäbische Heimat mehr Attraktivität verleihen? Da war auch der frische Blick der Studierenden spannend, die die Schwäbische Heimat natürlich nicht kannten. Auch war die Schwäbische Heimat für sie anfangs kein Objekt, zu dem sie eine Identifikation aufbauen konnten. Öffentlichkeitsarbeit ist ein Aspekt von Kulturmanagement, und »Öffentlichkeitsarbeit durch Eigenpublikation« ist davon wiederum ein Teilaspekt. Genau das ist die Rolle der Schwäbischen Heimat. Unsere Fragestellung war also: Wie funktioniert die Schwäbische Heimat als Eigenpublikation des Schwäbischen Heimatbundes, wie könnte sie unter dem Gesichtspunkt Öffentlichkeitsarbeit noch besser funktionieren? An dem Projekt war erstaunlich und erfreulich, mit wie viel Offenheit den Vorschlägen begegnet, wie viel und wie schnell ein großer Teil der Ideen von SHB und Redaktion umgesetzt wurde. Der Titel in seiner Erscheinung hat sich geändert, Aufbau und Struktur der Zeitschrift haben an Klarheit gewonnen, der Umgang mit Bildern und Anzeigen hat sich geändert, und vieles mehr. Die Schwäbische Heimat ist ein unglaublich wertvolles Periodikum, wie es kein zweites gibt in Baden-Württemberg.
Warum studieren junge Leute heute Kulturmanagement?
Der Kulturbetrieb ist hochkomplex, Inhalte und ästhetische Formen werden in politischem und gesellschaftlichem Kontext verhandelt. Wenn man Inhalte gestalten und Publikum erreichen will, muss man dieses System kennen. Die Studierenden kommen, weil sie für Kultur brennen. Zu Beginn wissen sie nicht immer genau, was sie mal machen wollen; sie wissen aber, dass sie im kulturellen Feld wirken wollen. Da gibt es eine hohe intrinsische Motivation.
Wie ist Ihr eigener Zugang zur Kultur?
Ganz unterschiedlich. Professionell als Hochschullehrer mit Blick auf Funktion und Struktur des Kulturbetriebs. Als Autor, Berater und Mitglied in verschiedenen Jurys gestalte ich einiges mit, was viel Vergnügen macht. Und privat schätze ich das kulturelle Flanieren: mich in ein Buch versenken zu können, durch Ausstellungen zu schlendern. Statt einer grundsätzlich systematischen Rezeption mag ich mich dann also lieber verführen lassen.
Und wie erschließen Sie sich Landschaften?
Die erwandere ich gerne. Es muss ja nicht immer die ganz lange Strecke sein von über 1000 km auf den Spuren von Hölderlin (lacht). Die Frage, auch im Hinblick auf die Schwäbische Heimat, ist für mich: Wie kann man Natur erfahrbar machen? Wie kann dieses menschliche Grundbedürfnis, das im Zuge der Pandemie so klar hervorgetreten ist, vermittelt werden – jenseits von Klischees, jenseits von Reiseführern, jenseits von Heimatlob, sinnlich und in angemessener ästhetischer Form, etwa durch Fotografie, Gedichte oder Bildreportagen? Das sind Fragen, die mich immer wieder beschäftigen.
Interview: Hanne Knickmann im September 2022
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