Neue Beiträge zur Landesgeschichte

SHB-Vortragsreihe 2018

Titel des Faltblattes

Ewig still steht die Vergangenheit? Keine Spur davon. Den Gegenbeweis zu Friedrich Schillers Vers, den er Konfuzius in den Mund legte, tritt die diesjährige Vortragsreihe des Schwäbischen Heimatbundes an. Neue, anregende Forschungen und Ergebnisse aus der südwestdeutschen Landesgeschichte, andere Blickwinkel auf Geistes- und Literaturgeschichte präsentieren sechs meist jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Frühjahr.

Vom Spätmittelalter über das 19. Jahrhundert bis in die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg reicht der zeitliche Bogen – Kaufleute und Klöster, Reichsstädte und Romantiker, Kronprinzen und Kommunalpolitiker spielen dabei die Hauptrollen. Der räumliche Horizont endet nicht an den württembergischen Grenzen, sondern greift über Stuttgart, Ulm und Oberschwaben weit hinaus, eröffnet europäische Perspektiven und reicht bis in eine utopische, schwäbische Südsee.

An sechs Vortragsabenden wird gezeigt, welche Fragen an den historischen Lehrstühlen der südwestdeutschen Universitäten und in der südwestdeutschen Landeskunde heute gestellt und beantwortet werden.

Montag, 5.3.2018, 19.00 Uhr

Grußwort durch Josef Kreuzberger, Vorsitzender des Schwäbischen Heimatbundes.

Dr. Matthias Slunitschek, Schwäbisch Hall
Orplid, das Land! Geographie und Geschichte einer schwäbischen Südseeinsel

Was als Spiel angefangen hat, ist heute Weltliteratur: Eduard Mörike und Ludwig Amandus Bauer entdecken 1825 im Bodensatz ihres Weinglases die Südseeinsel Orplid. Aber bald ist Orplid mehr als ein Hirngespinst. Mörike und Bauer zeichnen Gebirgszüge, Flussläufe, öde Landstriche und die schönen Ufer des Niwri-Sees auf. Sie erfinden die Götterwelt um Sur und Weyla, die Geschichte des Königs Ulmon und seines Gegners Maluff. Viel wurde darüber nachgedacht, was es mit Orplid auf sich hat. Matthias Slunitschek versucht nun erstmals, dieses Land zu kartografieren und systematisch darzustellen. Das Reiseziel dieser Expedition ist beeindruckender als J.R.R. Tolkiens Mittelerde – und dabei deutlich näher: Orplid, eine literarische Utopie made in Schwaben.

Matthias Slunitschek veröffentlichte Studien zu Hermann Kurz und der Literatur des 19. Jahrhunderts. Seine Dissertation über Hermann Kurz und die Poesie der Wirklichkeit wurde mit dem Gustav-Schwab-Preis 2017 des Schwäbischen Heimatbundes ausgezeichnet. Er lebt als Autor, Lektor und Konzeptionist mit seiner Familie in Schwäbisch Hall.

Montag, 12.3.2018, 19.00 Uhr

Dr. Marco Veronesi, Tübingen
Global Players im Mittelalter. Oberschwäbische Kaufleute und ihre Handelsgesellschaften

Die Kaufleute der oberschwäbischen Reichsstädte gehörten im Mittelalter zu den unternehmungsfreudigsten. Sie reisten durch halb Europa, handelten mit (fast) allem, was Profit versprach und experimentierten mit neuen Unternehmensformen. Der Vortrag stellt vor allem die Quellen aus ganz Europa vor, aus denen wir über die Aktivitäten dieser Fernhandelskaufleute wissen.

Marco Veronesi ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Tübingen. Neben mittelalterlichem Handel und Kaufleuten forscht er zur Sozialgeschichte des Mittelalters und der Geschichte des Lehnswesens vom Früh- bis zum Spätmittelalter.

Montag, 19.3.2018, 19.00 Uhr

Rolf Bidlingmaier, Metzingen
Das Kronprinzenpalais in Stuttgart. Vom Fürstensitz zum Streitobjekt

Errichtet zwischen 1846 und 1850 von König Wilhelm I. für das Kronprinzenpaar Karl und Olga von Württemberg, diente es später als Messehaus und Dependance der Staatsgalerie. Die im Zweiten Weltkrieg ausgebrannte Ruine wurde nach heftigen Auseinandersetzungen 1963 zugunsten des Planiedurchbruchs abgerissen. Bis heute ist das Kronprinzenpalais in Stuttgart als Symbol für den sinnlosen Abbruch eines wertvollen Baudenkmals präsent. Die Entdeckung von bislang unbekanntem Quellen- und Bildmaterial ermöglicht nicht nur neue Erkenntnise, sondern auch einen virtuellen Rundgang durch das Gebäude, so dass ein detailliertes Bild vom Kronprinzenpalais und seinen reich ausgestatteten Innenräumen entsteht.

Diplom-Archivar Rolf Bidlingmaier ist Leiter des Stadtarchivs in Metzingen. Aus seiner Feder stammen zahlreiche Publikationen zur Metzinger Stadtgeschichte, zur Landes- und Ortsgeschichte, zur Familiengeschichte sowie zur Kunst- und Architekturgeschichte. Der deutsche Schlossbau vom Barock bis zum Historismus zählt zu seinen Forschungsschwerpunkten.

Montag, 26.3.2018, 19.00 Uhr

Dr. Senta Herkle, Stuttgart
Württemberg wird Königreich. Ein Land und seine Identität 1806–1819

Als Württemberg 1806 dank Napoleons Plänen zum Königreich wurde, regierte Friedrich I. plötzlich ein Land, das ganz neue Anforderungen an die Regierung stellte: rund doppelt so groß in der Fläche, neue Herrschaftsgebiete mit ganz unterschiedlichen Strukturen und Traditionen zwischen Hohenlohe und dem Bodensee, vom Härtsfeld bis in den Schwarzwald. Schlagartig war ein Großteil der württembergischen Untertanen katholischen Glaubens, dazu kamen selbstbewusste Reichsstädter und adelige Standesherren in großer Zahl. Der Vortrag geht an Beispielen der Frage nach, wie es gelang, innerhalb weniger Jahrzehnte nicht nur die Verwaltung des Landes, sondern auch das Bewusstsein der Untertanen für das Königreich einzunehmen und eine württembergische Identität zu schaffen – oder wie diese konstruiert wurde.

Senta Herkle ist Akademische Rätin a. Z. in der Abteilung Landesgeschichte des Historischen Instituts der Universität Stuttgart. Vergleichende Landesgeschichte, Gewerbegeschichte und Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit zählen zu ihren Forschungsschwerpunkten.

Dienstag, 3.4.2018, 19.00 Uhr

Dr. Tjark Wegner, Tübingen
“nit das gaystlich hus wird gekert in ain gruoben der wolff”. Klöster und Stadt im Konflikt

An der Schwelle zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit kam es zwischen den Städten und den örtlichen geistlichen Einrichtungen zu einer Vielzahl an Auseinandersetzungen. Zu den bedeutendsten Streitpunkten gehörten die Klosterreformen und die Reformation. Was diese im Beispiel der Reichsstadt Ulm mit Bestechung, Pferden und Mordanschlägen zu tun hat, soll im Fokus dieses Vortrags stehen.

Tjark Wegner ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich spätmittelalterliche Ordensreform, Stadtgeschichte sowie der Epigraphik.

Montag, 9.4.2018, 19.00 Uhr

Tabea Scheuble, Tübingen
„Wir armen, eingeschlossenen Frauenpersonen, die in diesen gefährlichen Zeiten niemand haben“. Württembergische Frauenklöster im Spätmittelalter

Württembergische Klosterfrauen sahen sich im ausgehenden Spätmittelalter und der beginnenden Frühen Neuzeit zwei massiven Bedrohungen gegenüber: Sowohl die Klosterreform des 15. Jahrhunderts als auch später die lutherische Reformation stellten ihre bisherige geistliche Lebensform ganz grundsätzlich in Frage. Welche Möglichkeiten zu handeln hatten die Konventsschwestern in den einzelnen Klöstern?

Tabea Scheuble ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingen im Sonderforschungsbereich 923 Bedrohte Ordnungen. Sie arbeitet an einem Dissertationsprojekt am Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften zum Handlungsspielraum württembergischer Dominikanerinnen.

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