Personen rechen Gras zusammen

Die Träger des Kulturlandschaftspreises 2010

Kulturlandschaftspreis 2010: Naturschutzgruppe Essingen e.V. bei der Pflege von Streuwiesen (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Kulturlandschaft bedeutet Wandel

Vierbeinige Landschaftspfleger mit »Migrationshintergrund« helfen traditionelle Kulturlandschaften zu sichern

Seite in einer Zeitschrift
Bericht Kulturlandschaftspreis 2010

Ein ausführlicher Bericht über die Preisträger 2010 steht Ihnen als Auszug aus der Zeitschrift “Schwäbische Heimat” (pdf-Datei) zur Verfügung.

Die Preisträger 2010

Gamburger Zebu-Hof, Gabriele Asprion-Flad in Werbach-Gamburg (Main-Tauber-Kreis)

Rinder unter Obstbäumen
Kulturlandschaftspreis 2010: Zebuhof Gamburg von Gabriele Asprion-Flad (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Früher zählte das Taubertal zu den großen Weinbaugebieten in Deutschland. Noch heute zeugen die steilen terrassierten Hänge davon. Obstbäume folgten den Rebstöcken und prägten bis ins 20. Jh. das Landschaftsbild. Bald nach dem Zweiten Weltkrieg schien sich der Obstanbau für Landwirte wie Privatleute in den mühsam zu bearbeitenden Steillagen nicht mehr zu lohnen. Ihre Pflege wurde vernachlässigt und nach und nach aufgegeben. Das liebliche Taubertal um Gamburg, Kühlsheim und Oberlauda verbuschte. Gabriele Asprion-Flad missfiel diese Veränderung der Landschaft und sie machte sich ihre Gedanken. Landschaftspflege mit Schafen und Ziegen schien möglich aber wegen der späten Beweidung nicht sehr geeignet. Auf ihrer Suche begegnete sie auch dem kleinwüchsigen asiatischen Buckelrind oder Zwergzebu. Es sind genügsame und friedliche Tiere, die in Deutschland schon seit Jahrzehnten gezüchtet werden. Im Jahr 2004 wurde der Betrieb gegründet. Der Tierbestand ist inzwischen auf 48 Zwergzebus angewachsen. Diese beweiden derzeit dreiunddreißig Hektar Fläche. Darunter sind zehn Hektar Obstwiesen deren Erträge zu naturtrübem Apfelsaft verarbeitet werden. In einem Hofladen werden die Erzeugnisse vermarktet. Das Fleisch aus der Rinderzucht wird auch von der regionalen Gastronomie gerne abgenommen.

Unterländer Suffolkschäferei Karl Belz in Gundelsheim-Höchstberg (Kreis Heilbronn)

zwei Schäfer und zwei Schafe
Kulturlandschaftspreis 2010: Unterländer Suffolkschäferei Karl Belz (rechts im Bild) in Gundelsheim-Höchstberg (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Hundertdreißig Schafe, sechs Ziegen, ein Esel und ein Border Collie als Hütehund. Es ist eine stattlich Anzahl an Tieren, die sich um Karl Belz versammeln. Seit 25 Jahren ist er mit ihnen in geschützten Landschaftsteilen von Gundelsheim und Höchstberg unterwegs. Die Herde beweidet zweiunddreißig Hektar Streuobstwiesen und Hangwiesen. Darunter sind viele kleine Flurstücke, die nicht mehr bewirtschaftet wurden, und denen somit die Verwilderung drohte. Auch Biotope in magerem, artenreichem Grünland mit Steinriegeln und Trockenmauern gehören zum Weidegebiet. Karl Belz sichert nachhaltig den landschaftsprägenden Streuobstgürtel um Höchstberg als wichtigen Lebensraum von selten gewordenen Tieren und Pflanzen. Darunter sind zum Beispiel Zittergras, Perlmuttfalter, Neuntöter und Zauneidechse. Suffolkschafe sind eine beliebte Fleischrasse. Karl Belz ist Metzger und verkauft die Erzeugnisse auf seinem Hof, dem Bauernmarkt in Gundelsheim und an die örtliche Gastronomie. Auf seinem Hof ist eine Gläserne Produktion zu besichtigen, bei der die Besucher auch über Landwirtschaft und Naturschutz informiert werden.

Brigitte von Ribbeck, Werner Michel und Roland Müller in Zaberfeld-Leonbronn (Kreis Heilbronn)

Kuh mit Kalb auf einer Wiese
Kulturlandschaftspreis 2010 für Brigitte von Ribbeck, Werner Michel und Roland Müller. Sie pflegen die Landschaft in Zaberfeld-Leonbronn (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Im alten Siedlungsland Zabergäu liegt Leonbronn. Hier versuchten sich 1994 Brigitte von Ribbeck und Werner Michel mit fünf Mutterkühen und drei Mutterziegen in traditioneller Viehhaltung. Seit dem Jahr 2000 gehört auch Roland Müller dazu. Anfangs reichten für das Vieh sieben Hektar Mähweide und Grünland aus. Mit wachsendem Bestand kamen Flächen in der kleinen Sommerhälde, am Bernhardsberg und am Schafrain hinzu. Zusammen sind es inzwischen zwanzig Hektar bewirtschaftete Fläche, von der Feuchtwiese über die Mähweide bis zur Streuobstwiese. Der Tierbestand ist auf acht Mutterkühe und zwölf Mutterziegen angewachsen. Das Fleisch wird bei der örtlichen Gastronomie für Gäste und Ansässige zwischen Stromberg und Heuchelberg schmackhaft zubereitet.

Projekt „Streuobst sammeln für die soziale Jugendarbeit“ der Bürgerstiftung Winnenden (Rems-Murr-Kreis)

Kinder sammeln Äpfel auf
Kulturlandschaftspreis 2010: Projekt Streuobst der Bürgerstiftung Winnenden (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Die Stadt Winnenden hat auf ihrer Gemarkung dreihundertfünfundsiebzig Hektar Streuobstwiesen mit ca. 30.000 Obstbäumen. Wie überall im Land ist diese Kulturlandschaft auch im Remstal zum Sorgenkind geworden. Mangelnde Baumpflege, Unterlassung von Mahd, Ernte und Neupflanzung ließen der Natur freien Lauf und so erwuchs aus manch schmuckem Gütle ein undurchdringliches Landschaftselement. Eine von der Stadtverwaltung eingerichtete Streuobstbörse zeigte, dass das Angebot die Nachfrage weit überstieg. Diese Erkenntnis war die Grundlage des Projekt. In den Grundschulen wird über Obst/Streuobst unterrichtet. Vor Ort erweitern Mitglieder der Obst- und Gartenbauvereine das Wissen von Schülern und Jugendlichen aus Vereinen und leiten Sie zum Sammeln des Obstes an. Der Erlös der Ernte fließt, zuzüglich eines sozialen Aufschlags, in die Klassen- oder Vereinskassen. Fachwarte der Obst und Gartenbauvereine führen an den zur Verfügung gestellten Bäumen den Schnitt kostenlos durch und bieten Schnittkurse an. Mit einem Förderprogramm unterstützt die Stadt Winnenden Neupflanzung, Baumpflege und Mahd.

Förderverein Seeburg schafft Zukunft e.V. in Bad Urach-Seeburg (Kreis Reutlingen)

Menschen an einem steilen Hang mähen Gras
Kulturlandschaftspreis 2010: Landschaftspflege in Bad Urach-Seeburg durch den Förderverein Seeburg schafft Zukunft e.V. (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

In den beiden Tälern des Oberlaufs der Erms und des Fischbachs liegt Seeburg. Es ist eine alte Gemeinde, die auf eine 1240jährige Geschichte zurückblicken kann. Früher hielten Schafe und Ziegen, wie überall auf der Schwäbischen Alb, die Landschaft offen. Ein Relikt aus dieser Zeit ist die Wacholderheide am Hartberg. Auch der Burgberg auf dem einst die Burg des Ortsadels stand, lag in der weitläufigen Heidelandschaft. Der Niedergang der Schäferei in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinterließ auch hier Spuren. Zunehmend überwucherte der Burgberg. Das wichtige Geschichtszeugnis Seeburgs drohte vom Wald vereinnahmt zu werden und die Beschattung des engen Tals zu fördern. Ehrenamtliche Helfer begannen deshalb im Jahr 2003 den Burgberg zu entbuschen. Es wurde jedoch bald klar, dass dies keine dauerhafte Lösung für die Offenhaltung des Geländes sein könne. Deshalb wurde ein Pflegekonzept entwickelt, an dem das Landratsamt, die Stadt, die Ortsverwaltung, der Forst, der Stadtschäfer und der Naturschutz beteiligt waren. Wie einst werden wieder Ziegen und Schafe den Aufwuchs am Burgberg niederhalten und der 2007 gegründete Förderverein Seeburg schafft Zukunft e.V. sichert die notwendige Nachpflege.

Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung Wilflingen (Kreis Biberach)

prächtige Apfelbäume
Kulturlandschaftspreis 2010: Die Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung Wilflingen erhält und pflegt den größten Streuobstbestand im Landkreis Biberach (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Wilflingen liegt am Südrand der Schwäbischen Alb und ist Teilgemeinde von Langenenslingen. Auf der Gemarkung steht der größte Streuobstbestand im Landkreis Biberach. Der Ort ist von rund 1.900 Obstbäumen umgeben, darunter viele alte und seltene Birnen- und Apfelsorten. Als letzte der acht Teilgemeinden Langenenslingens war Wilflingen noch nicht flurbereinigt. Der Ort widersetzte sich in den 1980er Jahren einer geplanten Flurneuordnung. In den folgenden beiden Jahrzehnten hinterließ der landwirtschaftliche Strukturwandel aber auch hier seine Spuren. Wilflingen hatte 1999 nur noch einen Milchbauern und insgesamt noch drei landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe. Die Notwendigkeit einer Flurbereinigung wurde inzwischen im Ort erkannt und dann auch angeordnet. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft wurde von Anfang an in die Maßnahme eingebunden und somit die Grundlage für eine vertrauliche und gute Zusammenarbeit geschaffen. Der reiche und geschützte Streuobstbestand ließ keine großen Eingriffe zu. Außerdem sprach sich die große Mehrheit der Eigentümer für den Erhalt ihrer Streuobstwiesen aus. Dieser Umstand und das Ziel Schlaglängen von bis zu 600 Meter Länge in der Feldflur zu schaffen waren Herausforderungen bei der Aufstellung des Wege- und Gewässerplans. Dem Naturschutz sollten außerdem ausreichend Gewässer- und Ackerrandstreifen zugestanden werden. In langen Sitzungen wurden die Wünsche der Beteiligten diskutiert und befriedigende Lösungen angestrebt. Dieses einfühlsame Vorgehen wurde anerkannt und besänftigte letztlich auch kritische Stimmen.

Naturschutzgruppe Essingen e.V. (Ostalbkreis)

Zwei Personen an einem steilen Hang mit Rechen
Kulturlandschaftspreis 2010: Die Naturschutzgruppe Essingen e.V. pflegt die charakteristische Heidelandschaft am Nordrand der Schwäbischen Alb (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Essingen liegt am Nordrand des Albuchs und zählt zu den flächenmäßig größeren Gemeinden im Ostalbkreis. Auch hier am Rande der Schwäbischen Alb führte der Rückgang der Schafzucht zu Veränderungen in der Kulturlandschaft. Die typischen Wacholderheiden verwilderten fast unmerklich und der angrenzende Wald ging daran, sich die jahrhundertealte Kulturlandschaft zurückzuholen. In Essingen war dieser Übergriff besonders deutlich an der Langen Halde zu sehen. Eine Handvoll Essinger Bürger erkannten den drohenden Verlust und sann auf Abhilfe. Sie gründeten 1990 die Naturschutzgruppe Essingen. Die Wacholderheiden an der Langen Halde, der Oberburg, dem Weinberg und die Streuwiesen an Ersbach und Donnersberg werden seit nunmehr zwanzig Jahren regelmäßig mit Freischneider und Motorsäge von übermäßigem Bewuchs frei gehalten. Zusätzlich gelang es mit Landwirten und der Realgemeinschaft Pflegeverträge für diese Flächen abzuschließen.

Sonderpreis Kleindenkmale 2010

Horst Veitinger in Heilbronn

gezeichnetes Wappen
Sonderpreis Kleindenkmale zum Kulturlandschaftspreis 2010: Horst Veitinger aus Heilbronn erfasst die Hausinschriften von Eberstadt (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Der Ortspfarrer Paul Gottlob Moser von Filseck war von 1904 bis 1930 in Eberstadt tätig. In seinem Nachlass finden sich Aufzeichnungen von Hausinschriften, die heute verschwunden sind. Mit diesen stummen Zeugen der ehemaligen Einwohner Eberstadts befasste sich auch Horst Veitinger und hat die Aufzeichnungen Pfarrer von Mosers ausgearbeitet.

Ortsgruppe Mainhardt des Schwäbischen Albvereins (Kreis Schwäbisch Hall)

Männer in einem Gewölbekeller
Sonderpreis Kleindenkmale zum Kulturlandschaftspreis 2010: Die Albvereins Ortsgruppe Mainhardt renoviert den historischen Eiskeller einer Brauerei (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

In Zeiten, als es noch keine Kühltechnik gab, lagerte man im Winter Eis in tiefen Kellern. Im Sommer diente es dann zur Kühlung von Getränken und anderen Lebensmitteln. Zu diesem Zweck wurde der Felsenkeller in Mainhardt gebaut und genutzt. Im Zweiten Weltkrieg diente der verzweigte Eiskeller dem Luftschutz. Danach stand er leer, wurde mit Erde verfüllt und der Eingang zugemauert. Durch die Baulanderschließung Brettachhöhe kam der Felsenkeller in ein Wohngebiet und sollte als Kulturdenkmal erhalten bleiben. Von 2005 bis heute haben Mitglieder des Schwäbische Albvereins unterstützt von der NABU-Gruppe den Keller ausgeräumt und saniert.

Ortsgruppe Würtingen des Schwäbischen Albvereins (Kreis Reutlingen)

Männer mit einem Bagger an einem steinernen Gewölbe
Sonderpreis Kleindenkmale zum Kulturlandschaftspreis 2010: Die Albvereins Ortsgruppe Würtingen baut das eingefallene Gerwölbe eines Wetterschutz-Unterstandes wieder auf. (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Wer früher auf freiem Feld von einem Unwetter überrascht wurde, befand sich in einer bedrohlichen Lage. Deshalb gab es viel mehr Unterstände und Schutzhütten als heute. Drei Kilometer von Würtingen entfernt gibt es am Kirchelesberg ein Wetterschutzgewölbe, das bis in die 1950er Jahre genutzt wurde. Die zunehmende Motorisierung machte diese Einrichtung entbehrlich und sie verfiel. Bei der Flurbereinigung wurde das Flurstück mit der Ruine der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins zugeteilt. Als neue Eigentümer fühlten sich die SAV-ler verpflichtet das Denkmal wieder aufzubauen. Auch heutige Wandersleute werden dies zu schätzen wissen, wenn sich über ihnen ein Gewitter zusammenbraut.

Erich Müller in Wangen im Allgäu (Kreis Ravensburg)

Kruzifix an einer Weide
Sonderpreis Kleindenkmale zum Kulturlandschaftspreis 2010: Erich Müller aus Wangen im Allgäu saniert Bildstöcke und Feldkreuze in Wangen-Neuravensburg (Foto: Preisträgerarchiv SHB/privat)

Erich Müller kümmert sich um Kleindenkmale in Wangen-Neuravensburg. Er wendet sich an Eigentümer von Bildstöcken und Feldkreuzen, die einer Restaurierung bedürfen. Stolz ist er darauf, dass seine Bitte noch nie abgelehnt wurde und so erstrahlen zehn Kleindenkmale in Neuravensburg wieder in neuem Glanz.

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