Titel eines Buches

Birgit Kulessa und Christoph Bittel: Bad Mergentheim

(Archäologischer Stadtkataster Baden- Württemberg, Bd. 42), hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungsbezirk Württemberg in Verbindung mit der Stadt Bad Mergentheim. Stuttgart 2020. 368 Seiten mit 160, meist farbigen Abbildungen, 5 großformatige Karten. Broschur 30 €. ISBN 978-3-942227-47-6

Titel eines Buches

Größere Beachtung in der Öffentlichkeit erfährt das Landesamt für Denkmalpflege vor allem in der Baudenkmalpflege, schon etwas seltener im Bereich der Archäologie; hier vor allem bei Grabungen von Bodendenkmälern der Vor- und Frühgeschichte bis ins Frühmittelalter, der Zeit der Alamannen. Andere Aufgaben, von denen hier nur die Kulturdenkmale, darunter die technischen Kultur- und die Gartendenkmale, die beweglichen Kunstwerke und die Kleindenkmäler genannt sein sollen, führen im öffentlichen Bewusstsein eher ein Schattendasein. Und fast unbemerkt bleibt leider oft die rege publizistische Tätigkeit des Landesamts. Sicher am meisten im Licht steht dabei die vierteljährliche, sich an ein breiteres Publikum richtende Zeitschrift „Denkmalpflege in Baden-Württemberg“. Daneben gibt das Landesamt in teils regelmäßiger Folge, teils unregelmäßig erscheinende Reihen zur Archäologie, historischen Bauforschung, Forschungsberichte, Arbeitshefte, Skripte und Einzelmonografien zu Kulturdenkmälern heraus. Darunter zählt auch die Reihe der Archäologischen Stadtkataster, deren jüngst erschienener 42. Band Bad Mergentheim gewidmet ist.

Das auf ein Programm der 1980er-Jahre zurückgehende archäologische Stadtkataster Baden-Württemberg soll als Prospektionsinstrument ein, wie es heißt, möglichst umfassendes Bild von der Lage und der historischen Bedeutung der im Boden überlieferten Geschichtsdenkmäler in rund 300 Städten des Landes liefern, nämlich jenen, die schon im Mittelalter, ja teils in römischer Zeit bestanden. Grundsätzlich ging es einst darum, die archäologisch relevanten Bereiche in den Städten zu identifizieren und aufzulisten als Hilfsmittel für zukünftige Bebauungspläne und die Ausweisung von Sanierungs- und Baugebieten. Daraus wurde inzwischen eine Publikationsreihe, deren Bände sich aufgrund des Einfließens nicht nur archäologischer Befunde, sondern immer mehr und inzwischen hauptsächlich der Auswertung von historischen Schrift- und Bildquellen, Karten und Plänen und (älterer und neuerer) Bauakten zu stadthistorischen Kompendien entwickelten.

Im Fall Bad Mergentheims ist der Band klar geschieden in eine 167 Seiten umfassende und bei weitem nicht nur archäologisch begründete eigentliche Stadtgeschichte im klassischen Sinn und eine 144 Seiten zählende Bestandsaufnahme von 174 archäologischen Fundstellen und Kulturdenkmälern – ob nun noch vorhanden oder auch schon abgegangen. Beide Teile sind reich und anschaulich bebildert.

Jeder Autor, jede Konzeption einer Stadtgeschichte muss Schwerpunkte setzen. Diese liegen im Archäologischen Stadtkataster« Mergentheim, dessen Darstellung ganz klassisch einsetzt mit einer Beschreibung des Naturraums und der geologischen Umgebung, naturgemäß auf der Archäologie und den Mergentheimer Kulturdenkmälern, ohne jedoch zu stark darauf zu fokussieren. Die Siedlungsentwicklung steht im Mittelpunkt, doch holt die Darstellung teils weit aus, etwa in der Behandlung der Geschichte des für Mergentheim so wichtigen Deutschen Ordens oder bei der Beschreibung der kriegerischen Ereignisse im Dreißigjährigen Krieg, ebenso wie der Umbrüche in der napoleonischen Ära und dem folgenden 19. Jahrhundert. Auch findet sich die Geschichte des jüdischen Bevölkerungsteils gut berücksichtigt. Der Text ist durchaus flüssig geschrieben und gut verständlich. Die 1464 Anmerkungen, die für die Wissenschaftlichkeit der Arbeit stehen und dem Geschichtsinteressierten die weiterführende Beschäftigung mit der Stadtgeschichte erleichtern, stören das Bild in keiner Weise.

Die beiden Kataloge der archäologischen Fundstellen sowie der existierenden oder auch abgegangenen Kulturdenkmäler bestehen je Eintrag aus einer, teils sehr umfangreichen, Auflistung der sich aus den (sauber dokumentierten) Quellen erhobenen Details der historischen Entwicklung des behandelten Objekts; im Anschluss daran jeweils die entsprechenden exakten Literaturstellen.

Ein umfangreiches Quellen- und Literatur- sowie ein Abbildungsverzeichnis runden die Darstellung ab. Auf ein Register wurde hingegen leider verzichtet. Die fünf beigelegten großformatigen Karten stellen die historische Topographie, die archäologisch relevanten Bereiche und Fundstellen sowie erfolgte Bodeneingriffe planmäßig dar. Gerade für den Laien besonders aufschlussreich ist die fünfte Karte, die Überlagerung des aktuellen Katasterplans mit der Urkarte von 1833. Alles in allem eine großartige Publikation, die nicht nur für den Fachmann gewinnbringend ist; umso mehr als sie angesichts des Umfangs und des ansprechenden Erscheinungsbilds und nicht zuletzt der immensen Arbeit, die in ihr steckt, zu einem – fast möchte man sagen – Spottpreis zu haben ist.

Raimund Waibel

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