[Band 1] Albrecht Bedal: Alte Bauernhäuser in Baden-Württemberg und seinen Freilichtmuseen. Ländliche Bauten von 1350 bis 1700 in Wort und Bild. Hrsg. Arbeitsgemeinschaft der Freilichtmuseen in Baden-Württemberg. 2. Auflage Schwäbisch Hall 2022, 366 S., ca. 1000 Abb.. ISBN 978-3-981-3634-1-8 | Preis: 40 € zzgl. Porto | Bezug: Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch Hall-Wackershofen: info@wackershofen.de

[Band 2] Albrecht Bedal: Alte Bauernhäuser in Baden-Württemberg. Atlas der datierten Gebäude. Südwestdeutsche Beiträge zur historischen Bauforschung Bd. 10/2024, Verlag: Propyläum, 636 S., 2090 Abb.. ISBN 978-3-96929-324-9 | Preis 84 € | Bezug: Gedruckte Fassung im Buchhandel. / Digitale Version als PDF: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/swbhbf/issue/view/6984
[Band 3] Albrecht Bedal: Alte Bauernhäuser in Baden-Württemberg. Kennenlernen und verstehen. Kleine Fibel zum alten Bauernhaus. Schwäbisch Hall 2023, 170 S., über 400 Abb., Digitaldruck | Preis 32 € zzgl. Porto | Bezug: Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch Hall-Wackershofen (info@wackershofen.de) oder beim Autor: albrecht.bedal@gmx.de
Bücher zu historischen Bauernhäusern in Baden-Württemberg sind nicht selten. Ebensowenig sind Bücher zu historischen Bauernhäusern selten, die versuchen, sich mit der baulichen Entwicklung von Bauernhäusern auseinanderzusetzen. Seit der Wende vom 19. Jahrhundert ist das historische Bauernhaus ein Forschungsobjekt, das eine umfangreiche und tiefgehende Würdigung erfahren hat, die sich in zahlreichen Publikationen niederschlägt, wie auch die Wertschätzung der historischen Bauernhäuser sich etwa in den stattlichen Zahl ländlicher Freilichtmuseen in Baden-Württemberg niedergeschlagen hat. Während die Volkkunde, der wir viele Erkenntnisse zur Geschichte und auch zur baulichen Entwicklung der Bauernhäuser verdanken, sich vorrangig mit dem bäuerlichen Leben beschäftigt und das Bauernhaus damit in erster Linie als Ort des bäuerlichen Lebens versteht, sieht der insbesondere aus der Beschäftigung mit den Bauernhäusern entstandene Wissenschaftszweig der Hausforschung Bauernhäuser primär als Bauwerke und widmet sich von daher vorrangig den Themen wie Bautypen, Baukonstruktionen, Nutzungsverteilung, Raumgliederung oder Ausstattung. Waren ältere Werke zu Bauernhäuser meist bemüht, regionale Besonderheiten der Häuser hervorzuheben, grundlegende Bauernhaustypen herauszuarbeiten, stammesmäßige Wurzeln oder gar die vermeintliche Urhütte als Ausgangspunkt des ländlichen Bauwesens zu suchen, so hat sich die Sicht auf die Bauernhäuser seit der Mitte des 20. Jahrhundert stark versachlicht.
Mit dem Instrumentarium der Hausforschung, nämlich genauen Aufmaßen, eingehenden baugeschichtlichen Untersuchungen und deutlich vertieften Kenntnissen des historischen Holzbaues gelang es, die oft über viele Jahrhunderte alten Bauernhäuser in ihrer Baugeschichte zu analysieren und die verschiedenen Schichten baulicher Veränderungen, die praktisch alle alten Häuser prägen, voneinander zu lösen, um so das ursprüngliche Bild dieser Bauten wie auch die verschiedenen, im Laufe der Zeit folgenden Veränderungsphasen sichtbar zu machen. Mit dem in den letzten Jahrzehnten zum Standard baugeschichtlicher Untersuchung gewordenen Hilfsmittel der Dendrochronologie, d.h. der Holzaltersdatierung, wurde es auch möglich, die einzelnen Bauten in ihrem Kernbestand und in ihren jüngeren Veränderungen zuverlässig zu datieren, so dass nun nicht nur die Baugeschichte der Einzelbauten, sondern auch die Entwicklungsgeschichte des historischen Bauernhauses an sich zeitlich verortet werden konnte. Dabei konnte auch ein großer Bestand an Bauernhäusern nachgewiesen werden, der ein vergleichsweise hohes Alter besitzt, nämlich in die Frühe Neuzeit, d.h. das 16. oder 17. Jahrhundert zurückgeht, oder gar noch aus dem Spätmittelalter, dem 14. und 15. Jahrhundert stammt. Einige wenige Bauten haben sich sogar noch aus dem späten 13. Jahrhundert erhalten, so dass wir inzwischen auf über sieben Jahrhunderte Bauernhausgeschichte zurückblicken können.

Die Vielzahl von Bauernhäusern, die in den letzten Jahrzehnten mehr oder weniger gut wissenschaftlich untersucht werden konnten, hat es dabei ermöglicht, regionalen Besonderheiten immer tiefer nachzuspüren und entwicklungsgeschichtliche Wechsel in Bauformen, Nutzungsmöglichkeiten oder Ausstattung immer kleinteiliger nachzuzeichnen. Dies hat aber auch dazu geführt, in der Forschung immer mehr ins Kleine und Kleinste vorzudringen und immer mehr die Unterschiede, das Trennende, in den Vordergrund zu stellen, wodurch der Blick auf das Ganze und die Gemeinsamkeiten ein Stück weit verloren gegangen ist – ganz davon zu schweigen, dass die schiere Menge der Anschauungsobjekte und des diesbezüglichen Untersuchungsmaterials es für den Einzelnen immer schwerer gemacht hat, einen auch nur einigermaßen vollständigen Überblick über den Bestand an historischen Bauernhäuser zu bewahren.
Albrecht Bedal, selber passionierter Hausforscher und über viele Jahre hinweg Leiter des Hohenloher Freilandmuseums in Schwäbisch Hall-Wackershofen, hat es unternommen, im Rahmen eines selbstgesetzten Projektes Alte Bauernhäuser in Baden-Württemberg den Bestand an Bauernhäusern der Zeit vor 1700 zu erschließen und die Erkenntnisse, die die Hausforschung in den letzten Jahrzehnten hierzu zusammengetragen hat, zusammenzufassen und weiterzuentwickeln, und zwar nicht nur für den Wissenschaftler, sondern gleichermaßen auch für den interessierten Laien, für den Leser wie für den Besucher der ländlichen Freilichtmuseen. Über mehrere Jahre hinweg ist dabei eine dreibändige Werkfolge mit dem Obertitel Alte Bauernhäuser in Baden-Württemberg entstanden, von dem mit dem umfassenden Atlasband nun auch der letzte Teilband im Druck vorliegt.
Der 2018 erschienene erste Band Alte Bauernhäuser in Baden-Württemberg und seinen Freilichtmuseen zeichnet in einem einführenden Abschnitt die Geschichte der Bauernhausforschung in Baden-Württemberg nach. Dann folgen mehrere Kapitel, die sich mit grundlegenden Themen des Bauernhausbaues beschäftigen: Zur Datierung der historischen Bauten, zu historischen Holzkonstruktionen, zu Hausgerüsten und Dachwerken, zu Wandaufbauten, Dachdeckungen oder zur Ausstattung des Gebäudeinneren. Besondere Beachtung gilt der Darstellung der unterschiedlichen Raumgliederungen, von Nutzungsverteilung und regionalen Haustypen. Bei deren Darstellung steht aber nicht so sehr das Trennende zwischen den einzelnen Hausformen, sondern das Verbindende im Vordergrund. Die Benennung der Gemeinsamkeiten über die Regionen und über die Zeiten hinweg schafft dabei einen Blick auf die Bauernhäuser, der sie nicht in einzelne, fast schon gegensätzliche Gruppen zerfallen lässt, sondern sie als eine aus unterschiedlich geformten Gruppen zusammengesetzte Gemeinschaft erleben lässt. Damit gelingt es dem Autor, die Bauernhäuser nicht nur als Bauwerke, sondern auch als Orte des bäuerlichen Lebens in einem solch intensiven Maße erlebbar zu machen, wie es zuvor selten einem sich so eng an den an sich trockenen baulichen Fakten orientierendem Werk über historische Bauernhäuser gelungen ist. Wesentlich mit zum Leseerlebnis trägt die reiche Bebilderung des Bandes bei, nicht nur mit Photos der historischen Bauten, sondern auch mit Grundrissen, Ansichten und Isometrien, die mit ihrer farbigen graphischen Aufarbeitung auch dem nicht so fachkundigen Leser die wesentlichen Inhalte leicht und anschaulich vor Augen führen. Abgerundet wird die Darstellung des ersten Bandes durch eine kurze Vorstellung der Häuser der baden-württembergischen Freilandmuseen und eine Liste von dendrochronologisch sicher datierten Bauernhäusern der Zeit vor 1700.
Der in diesem Frühjahr in der Reihe der Südwestdeutschen Beiträge zur historischen Bauforschung erschienene zweite Band ist als Atlasband bezeichnet, der die bislang in Baden-Württemberg bekannten Bauernhäuser aus der Zeit vor 1700 verzeichnet. In einem ersten Teil werden nochmals, tiefer als im ersten Band, allgemeine Phänomene des Bauerhausbaus dargestellt. Der zweite, deutlich größeren Teil, enthält dann Beschreibungen von 100 ausgewählten, für den Bauernhausbestand repräsentativen Einzelbauten, die mit einem ausführlicheren Text und umfangreichem Photo- und Zeichnungsmaterial portraitiert werden. Und ein gleich umfangreicher dritter Teil stellt dann den Rest der über 1000 in die Zeit vor 1700 datierten Bauernhäuser in Baden-Württemberg stichpunktartig vor. Die knappen Texte sind mit einer Fülle an Photos und Plänen illustriert. Dieser Katalogteil des über 600 Seiten starken Bandes sind nicht als Lesebuch, sondern als Nachschlagewerk gedacht, doch laden schon allein die über 2000 Abbildungen dazu ein, sich tiefer in die einzelnen Hausbeschreibungen zu versenken.
Der seit 2023 vorliegende dritte Band bezeichnet sich als kleine Fibel zum Kennenlernen und Verstehen historischer Bauernhäuser. Er ist als ein reich bebildertes und flüssig geschriebenes Lese- und Bilderbuch gedacht, das einerseits die Inhalte der beiden vorhergehenden Bände in Kürze zusammenfasst, sich andererseits aber auch mit unterschiedlichen, dort noch nicht enthaltenen Einzelthemen beschäftigt. Gerade für den nicht wissenschaftlich versierten Leser stellt er einen spannenden Einstieg in die Materie dar, der Lust darauf macht, sich im Anschluss auch in die beiden anderen Bände dieses ebenso lesenswerten wie verdienstvollen Werkes zu versenken.
Stefan Uhl
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